Ein Haufen Gleichgesinnter
»Gewerkschaften brauchen Mitglieder statt Fusionen«, machte IG-Medien-Chefredakteur Hermann Zoller 1995 seinem Unmut Luft. Er sah erste Annäherungen von letztlich fünf kleinen Gewerkschaften zu einem strategischen Bündnis skeptisch – warnte, sich in Organigrammen zu verheddern und womöglich bei den Publikationen einer Großgewerkschaft zu sparen.
Aus gutem Grund: Erst zehn Jahre zuvor war die Industriegewerkschaft Medien gegründet worden. Und bis 1992 – die Mitglieder aus den neuen Bundesländern waren inzwischen hinzugestoßen und in einem Kraftakt organisatorisch integriert worden – hatten sich Diskussionen hingezogen, wie die Mediengewerkschaft ihre eigenen Medien aufstellen sollte. Immerhin mit dem Ergebnis, dass DRUCK+PAPIER in kleinem Zeitungsformat im 132. Jahrgang wiedererschien, nachdem das Blatt für eine Weile in der zentralen IG-Medien-Zeitung aufgegangen war. Doch insgesamt gab die IG Medien für ihre Publikationen mit 2,6 Millionen DM nur noch reichlich die Hälfte dessen aus, was die IG Druck und Papier ihren Blättern zugestanden hatte.
Als Mitglied der »Kommission Organisationsreform« wusste Hermann Zoller allerdings um den Zustand der durch Mitgliederverluste geschwächten IG Medien. Er begann, Hoffnungen in den Zusammenschluss mit der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), der Deutschen Postgewerkschaft (DPG), der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) und der Deutschen Angestelltengewerkschaft (DAG) zu setzen: Diese Gewerkschaft müsste, »soll sie nicht nur groß, sondern auch lebendig, gut und attraktiv für andere sein«, großes Gewicht auf Kommunikation legen. Es brauche eine »Vielzahl differenzierter Publikationen. Ein stromlinienförmiges zentrales Verkündungsblatt wäre das Gegenteil davon«, schrieb er im September 1998 im zentralen »IG-Medien-Forum«.
Bis zum März 2001 sollte es noch dauern, bis sich DRUCK+PAPIER zu einer Fachbeilage der ver.di-Mitgliederzeitung Publik wandelte. Ihr Redakteur Henrik Müller schrieb über den Verschmelzungskongress vor 15 Jahren und »die mit Spannung erwartete Grundsatzrede« des ver.di-Vorsitzenden Frank Bsirske: »Ein überzeugender Appell an Herz und Verstand der neuen ver.di-Gemeinde. Und die anschließende Aussprache zeigt dem, der immer noch skeptisch ist: Die gesellschaftskritischen Töne überwiegen deutlich. Hier gibt es ja einen Haufen Gleichgesinnter, Tausende von Menschen, die die Gewerkschaft stark machen wollen. Ist ja alles gar nicht so schlimm.«