Arbeiten mit dem Alleskönner
Zum Basteln oder Drucken brauchst du es ebenso wie jemand, der sich in japanischer Faltkunst übt oder einen Kaffee aufbrühen will. Und trotz aller Bildschirme geht es ohne einfach gar nicht. Die Rede ist vom Papier. Wie man es herstellt, lernt man als Papiertechnologe, so zum Beispiel Justin Heyer (19). Er macht seine Ausbildung bei Melitta in Minden. Durch ein Schülerpraktikum bei dem bekannten Familienunternehmen kam er auf die Idee, diesen eher unbekannten Beruf zu erlernen.
Groß geworden ist Melitta mit der Erfindung von Kaffeefiltern aus Papier. Und die gibt es auch heute noch, trotz Kaffeekapseln und Espresso-Druck-Kannen. Bei Melitta muss das feine Filterpapier vor allem das richtige Aroma durch seine Poren lassen. Justin lernt dafür den gesamten Herstellungsprozess, »vom Baum bis zur Papierrolle«.
Dickes Papier, lange Maschine
In der Produktion unterscheiden sich Papier, Tapeten, Kartons, Pappe oder Zellstoff nur in ihrer Festigkeit. Als Faustregel gilt: Je dicker das Papier, desto länger muss es trocknen. Und diese Trocknungszeit schlägt sich in der Länge der Produktionsstraßen nieder. Für das dünne Filterpapier reicht eine 75 Meter lange Maschine aus. Über die Hälfte davon ist für die Trocknung bestimmt. Justin hat in einer anderen Produktion aber auch schon »riesige, insgesamt 150 Meter lange Maschinen« gesehen.
Vielseitiger Beruf
Die Papierproduktion beginnt mit der Stoffaufbereitung. Angelieferte Stoffballen aus Einjahrespflanzen, zum Beispiel Stroh, werden mit Wasser aufgelöst und rotiert. Der entstandene flüssige Zellstoff läuft durch ein Sieb und wird zu einer ebenen Fläche gegossen, die durch mehrere Pressen läuft – je nachdem, wie dick das Papier werden soll. Von dort aus läuft es weiter in die Trocknung und erlebt mehrere Trocknungsdurchläufe. Bei einem erneuten Umrollen werden letzte Löcher geschlossen. Die fertigen Papierrollen haben bei Melitta rund 1,20 Meter Durchmesser. Danach geht es zur Verarbeitung, aber das ist nicht mehr die Aufgabe des Papiertechnologen, erklärt Justin. Was ihm an seinem Beruf vor allem gefällt, ist die Vielseitigkeit. Als Auszubildender lernt er an allen Stationen des Produktionsprozesses. Das Bedienen und Überwachen der Maschinen erfordert unterschiedlichste Kenntnisse und Fähigkeiten. Neben einer metallischen Grundausbildung macht Justin beispielsweise auch den Gabelstapler- und Kranführerschein. Er verbringt zudem Zeit in der Leitwarte. Hier überwachen Papiertechnologen die Maschinen mit Kameras: »Wir müssen ständig die Bildschirme im Auge behalten, um sofort zu sehen, wenn das Papier irgendwo reißt.«
Papiermacherschule Gernsbach
Justin begleitet den Maschinenführer bei seinen täglichen Rundgängen, lässt sich alles erklären und berichtet es dann seinem Ausbilder. Während im Werk in Früh- und Spätschicht gearbeitet wird, ist Justin nur in der Tagschicht eingesetzt. Erst gegen Ende seiner Ausbildung gibt es eine langsame Gewöhnung an das 5-Schicht-System.
Der Berufsschulunterricht findet in der Nähe von Karlsruhe statt. In einem Internat, der Papiermacherschule Gernsbach, wird in drei Blöcken pro Jahr für insgesamt 15 Wochen unterrichtet. Dabei lernt Justin natürlich Kolleginnen und Kollegen aus der gesamten Republik kennen. Das findet er auch besonders gut an der Ausbildung: »Wir haben dort alles, was man braucht.«
Nach seiner Übernahme – die ihm schon für mindestens ein Jahr zugesagt ist – will sich Justin vielleicht noch weiterqualifizieren: »Man kann noch den Ingenieur machen, studieren oder sich zum Papiermachermeister weiterbilden.« Dabei hatte sich Justin ohne große Erwartungen auf den Beruf eingelassen. Sein Schulpraktikum hatte er bei Melitta im Labor gemacht, aber das Unternehmen bildet gerade keine Chemielaboranten aus. Der Schritt zum Papiertechnologen fiel ihm dann nicht schwer: »Der Beruf ist abwechslungsreich und man kann viel lernen. Es war eine gute Entscheidung.« Und schließlich hat er als Papiertechnologe gute Zukunftsaussichten, denn kaum ein Produkt wird so vielseitig und häufig eingesetzt wie das gute alte Papier.
Infobox
Papiertechnologe/technologin ist eine dreijährige duale Ausbildung. Der Beruf findet sich bei Herstellern von Papier, von Maschinen für die Papiererzeugung und -verarbeitung, aber auch in Chemieunternehmen oder in der Abfallwirtschaft, zum Beispiel in Recyclinganlagen.
Wesentliche Anforderungen:
• Beobachtungsgenauigkeit und Aufmerksamkeit
• Wahrnehmungsgenauigkeit
• Reaktionsgeschwindigkeit und Entscheidungsfähigkeit
• Technisches Verständnis
• Computerkenntnisse
• Sorgfalt
• Handwerkliches Geschick
Wesentliche Ausbildungsinhalte:
• Überwachen des gesamten Produktionsprozesses
• Suchen und Finden von Fehlern an den Maschinen
• Gabelstaplerfahren/Kranführen
• Maschinenwartung und -reparatur
Infos: