Arbeit

Gallisches Bergedorf

Die nächsten Opfer des Kahlschlags im Funke-Konzern: Nachdem 2015 in den Druckzentren Hagen und Essen 120 Jobs vernichtet wurden, sollen nun 39 Arbeitsplätze in der Druckvorstufe der »Bergedorfer Zeitung« in Hamburg gestrichen werden. Doch die Beschäftigten wehren sich – und haben bereits für große öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt

Die Belegschaft der »Bergedorfer Zeitung« wird von manchen auch »das gallische Dorf« genannt. »Wir sind gewerkschaftlich gut organisiert und haben uns immer zur Wehr gesetzt«, erklärt die Betriebsratsvorsitzende Ingrid Lesniak. »Und jetzt müssen 
wir erneut auf die Straße.« Denn ohne Druck kommt man im Funke-
Konzern – der die Zeitung im Zuge des großen Springer-Funke-Deals 2013/2014 übernommen hat – offenbar nicht weiter. Das zeigt schon die Art, wie das Management die Schließung der Druckvorstufe bekannt gab: Monatelang war eine Ausgründung angekündigt, doch dann wurde am 29. Februar plötzlich das komplette Aus für die Vorstufe verkündet. Einbeziehung des Betriebsrats in den Entscheidungsprozess? Fehlanzeige.

Auch sonst macht der Medienkonzern deutlich, dass er wenig von Mitbestimmung und Tarifverträgen hält: Bereits Ende 2014 hatte die »Bergedorfer Zeitung« den Verband Druck und Medien Nordwest verlassen, ohne Betriebsrat oder Gewerkschaft auch nur zu informieren. Anfang dieses Jahres wechselte sie im Verband der Zeitungsverleger in den Status »ohne Tarifbindung«. Durch die Tarifflucht werden für alle Beschäftigten der »Bergedorfer Zeitung« die tariflichen Leistungen in Frage gestellt. Deshalb fordern ver.di 
und der Deutsche Journalisten-Verband, sämtliche Vereinbarungen im Rahmen eines Anerkennungstarifvertrags wieder in Kraft zu setzen. Für diese Forderung legten die Beschäftigten bereits zweimal die Arbeit nieder. Nach einem ersten Warnstreik in der Druckvorstufe am 1. März traten knapp eine Woche später Vorstufe, Verlag und Redaktion gemeinsam in einen mehrstündigen Streik.

Beschäftigte halten zusammen

»Dass die Kolleginnen und Kollegen zusammenhalten, hat bei uns Tradition«, sagt Betriebsrätin Lesniak. »Alle Beschäftigten fragen sich, wie ihre Zukunft aussieht, wenn nun als Erstes die Vorstufe geschlossen wird.« Denn bisher habe das Geschäftsmodell des Hamburger Blatts Quersubventionen erlaubt: Ging es der Vorstufe wirtschaftlich schlecht, konnte der Verlag aushelfen – und umgekehrt. Auch sozialverträgliche Lösungen waren in früheren Krisenzeiten leichter zu finden, da Beschäftigte, deren Stelle wegfiel, in anderen Bereichen eingesetzt werden konnten.

Die geplante Teilbetriebsschließung in Hamburg begründet die Geschäftsleitung mit einem konzerninternen Kostenvergleich. Betriebsrat und Gewerkschaft wollen ein Alternativkonzept vorlegen, um den Weiterbetrieb zu ermöglichen. Und sie setzen auf Öffentlichkeit. Mit ihren Aktionen haben die Beschäftigten bereits weit über die Stadtgrenzen hinaus Aufmerksamkeit erregt. Nicht nur Politiker verschiedener Fraktionen der Hamburger Bürgerschaft, sondern auch SPD-Abgeordnete des Bundestags fordern von Funke, sich der »medienpolitischen Verantwortung« zu stellen und die Zukunft der Regionalzeitung zu sichern. »Funke wollte die Beschäftigten überrumpeln«, sagt ver.di-Landesfachbereichsleiter Martin Dieckmann. »Aber diese haben sich gewehrt und binnen kurzer Zeit musste sich die Konzernleitung auf eine Weise rechtfertigen, wie sie es nicht gewohnt war.«

Bundesweit haben sich etliche Betriebsräte, Gewerkschafter, Kirchenvertreter und viele andere mit den Bergedorfer Kolleginnen und Kollegen solidarisiert. »Auf dem 
Infobrett in der Druckvorstufe, wo die Soli-Schreiben aushängen, ist gar nicht mehr genug Platz«, freut sich Ingrid Lesniak. »Das ist eine tolle Motivation, nicht aufzugeben.«

Aktuelle Infos: www.hamburg.verdi.de/themen/bergedorfer-zeitung

 

Mediengruppe Thüringen

Jobabbau auch im Osten: Bei 
der Mediengruppe Thüringen streicht Funke rund 150 Stellen und bezeichnet das auch noch als 
»Zukunftsprogramm«: www.bit.ly/funkJob

Beschäftigte der »Bergedorfer Zeitung« gehen wieder auf die Straße. Foto: ver.di