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Anfassen bitte!

Das gedruckte Wort bietet mehr: Bücher, Zeitungen und Magazine sind ein Erlebnis für die Sinne

Keine Frage: Wenn der Akku hält, haben E-Books, Onlinezeitungen und Co. einige Vorzüge. Die Auswahl an Texten ist riesig, ohne dass das Bücherregal überquillt oder die Altpapiertonne vollgestopft wird – und auf eine extra Leselampe kann man auch verzichten. Trotzdem können digitale Medien das gedruckte Wort niemals ganz ersetzen. Ein wichtiger Grund: Papier lässt sich anfassen, befühlen, es raschelt und riecht. Die Foren im Internet sind voll von Menschen, die es als »sinnliches Vergnügen« beschreiben, ein Buch oder eine Zeitung zu lesen. Sie schwärmen vom Geräusch beim Umblättern der Seiten, vom Duft druckfrischen Papiers. »Es gibt kein schöneres Gefühl auf der Welt, als ein richtiges Buch in der Hand zu haben«, schreibt ein User.

Wer den ganzen Tag im Büro vor dem Computer sitzt, will nach Feierabend abschalten. Und zwar wortwörtlich. Ein Buch aus dem Regal zu greifen oder eine Zeitung aufzuschlagen, bedeutet für viele Erholung pur. Die Lektüre wird zum Erlebnis für die Sinne. In der einen Zeitschrift sind die Artikel auf dicke Pappe aus Umweltpapier gedruckt, in der anderen streichen die Finger über Fotos auf Hochglanzseiten. In Büchern fühlen sich die Seiten mal rau an und wirken bräunlich, mal sind sie ganz glatt, blütenweiß – und riechen brandneu. Übrigens ist dieser Geruch für viele so betörend, dass ein Berliner Parfümeur daraus ein Parfüm kreiert hat: »Paper Passion« duftet nach druck- frischem Buch.

Print hat Bestand

Dieses Gefühl, dagegen kommen digitale Medien nicht an. Hinzu kommt: Eine Nachricht im Posteingang ist schnell weggeklickt, geht unter in der Masse an E-Mails. Ein Artikel im Internet wird nur kurz überflogen, der Inhalt im Nu wieder vergessen. Print hingegen hat Bestand. Es gilt als erwiesen, dass Texte auf Papier nachhaltiger im Gedächtnis haften bleiben. Und besser verstanden werden. Nach Ansicht von Experten liegt das unter anderem daran, dass bei der gedruckten Lektüre mehr Sinne angesprochen werden: Sehen, Tasten, Hören, Riechen. Dadurch wird das Gehirn stärker stimuliert, als wenn jemand beim Lesen nur auf den Bildschirm starrt.

So kommt auch eine Studie der norwegischen Stavanger-Universität zu dem Ergebnis: Wer ein E-Book liest, kann sich hinterher deutlich schlechter an die Geschichte erinnern. Leserinnen und Lesern von gedruckten Büchern gelang es im Vergleich viel besser, die Handlung nach ihrer zeitlichen Reihenfolge zu ordnen. Die Wissenschaftler führen das darauf zurück, dass die Seiten tastbar sind. Dicker Wälzer oder dünnes Heftchen? Halten die Leser/innen ein Buch in den Händen, können sie fühlen, wo sie sich in der Handlung befin- den – und sich besser orientieren.

Amazon: Regale voller Bücher

Apropos: Auch Amazon hat erkannt, dass Menschen die Bücher nicht nur mit einem Klick in ihren Warenkorb legen, sondern beim Kauf auch darin blättern wollen. Deshalb hat der Onlineversandhändler unlängst in Seattle einen klassischen Laden er- öffnet. Mit Regalen voller Bücher. Zum Anfassen.

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