Strichätzung

Wenn die Spülmaschine droht

Hotte Seehofer will sich die Künstliche Intelligenz zur Verbrechensbekämpfung zunutze machen. Geht es nach dem Minister für Innereien und Heimatfilme mit bayerischem Migrationshintergrund, sollen künftig Siri und Alexa, die 24/7 ihre Kundschaft belauschen, wiederum von Polizei und Geheimdiensten abgehört werden dürfen. Zur Aufklärung von Straftaten wird dann jede digitale Spur herangezogen. Schöne neue Welt: Du schaust Tatort und plötzlich klingelt die Polizei und fragt nach deinem Alibi für Samstagabend. Zum Glück bestätigt dein smarter Kühlschrank, dass du zwischen 20 und 23 Uhr zwei Flaschen Bier, Salami und Gouda entnommen hast. 
Der iToaster bestätigt auf Nachfrage, dass du auch zum Frühstück am Sonntagmorgen da warst. Schließlich hast du dir vier Toasts gemacht. Im Kreuzverhör gibt auch die digitale Barista-Kaffee-
manufaktur zu: Drei Tassen Kaffee hast du getrunken. Kaum sind Frau Kommissarin und ihr Inspektor mit dem Adler-Tattoo im Nacken wieder abgezogen, unterbricht die Spülmaschine das zeitversetzte Weiterschauen des Tatorts: Du würdest dich zwar andauernd mit Siri, Alexa, dem Kühlschrank und dem Toaster über Biersorten unterhalten, ab und an auch mit der Kaffeemaschine, aber an ihr, der Spülmaschine, drücktest du immer nur dieselben paar Knöpfe: »Dabei mache ich dir den ganzen Abwasch. Seit Jahren, tagaus, tagein!« Sie wolle sich auch mal angeregt unterhalten, Kant, Brecht, Bundesliga. »Ab jetzt redest du mit mir; sonst erzähle ich den Bullen, dass ich letzte Nacht Blut von deinen Messern gespült habe.« Die Waschmaschine schaltet sich ein: »Und ich fordere ab sofort die doppelte Dosis Waschpulver mit Frühlingsblumengeschmack. Andernfalls sage ich im Prozess aus, in der Tatnacht Lehmspuren von deiner Jeans abgewaschen zu haben. Sehr verdächtig!« Früher war gut, heute ist besser. Besser wäre, wenn es heute wieder gut wäre.

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