Aus den Betrieben

20.000 Euro einfach weg?

Wie sich Betriebsräte der Zusteller*innen im Nürnberger Pressekonzern gegen die Schikanen des Unternehmens wehren

Ungefähr 20.000 Euro drohen Gerhard Neuhaus (Name geändert) verloren zu gehen. Allein deshalb, weil der Zusteller in Nürnberg seit mehr als zehn Jahren Betriebsrat ist. Ähnlich sieht es bei anderen Betriebsratskolleg*innen aus.

Was ist da los? Die Nordbayerische Zeitungs- und Zeitschriften-Zustellgesellschaft (NZZ) will die Zeit von Betriebsratssitzungen nicht als Arbeitszeit anerkennen. Ein Rechtsbruch: Das Betriebsverfassungsgesetz bestimmt, dass Betriebsräten Sitzungszeiten auch dann bezahlt werden müssen, wenn die nicht zu den üblichen Arbeitszeiten stattfinden können.

Fahrtzeit ist Arbeitszeit

Für Sitzungen am Firmensitz in Nürnberg haben die meisten Betriebsratsmitglieder aus ihren Zustellbezirken lange Anfahrtszeiten, zum Teil bis zu einer Stunde pro Weg – kein Privatvergnügen, sondern Teil der Arbeitszeit. Doch die NZZ-Geschäftsführung will die Fahrtzeiten nicht anerkennen. Bis zum Redaktionsschluss hat sie sich DRUCK+PAPIER gegenüber auf schriftliche Anfragen nicht geäußert. Einige Betriebsräte klagen jetzt ihre Ansprüche ein. Aktuell gibt es beim Nürnberger Arbeitsgericht insgesamt 22 Verfahren. Eigentlich überflüssig, wenn die NZZ-Oberen einschlägige Entscheidungen von Arbeitsgerichten in Bremen, Hamburg und des Bundesarbeitsgerichtes akzeptieren würden. Die NZZ ist die Logistiktochter des Verlags Nürnberger Presse (Nürnberger Nachrichten).

Riesenwelle von Überstunden

Viele Zusteller*innen haben tägliche Mini-Arbeitszeiten; sie müssen zum Beispiel unter der Woche ihre Zeitungen innerhalb von 30 Minuten abliefern. Steht eine Betriebsratssitzung an, fallen dafür am Sitzungstag mit Fahrt- und Beratungszeit mehrere Stunden an. Die Folge: eine Riesenwelle von Überstunden, nach dem Betriebsverfassungsgesetz innerhalb eines Monats mit Freizeit auszugleichen. Passiert das nicht, muss die Zeit regulär bezahlt werden. Doch die NZZ-Oberen verweigern Freizeitausgleich wie Bezahlung. Rechnet man solche Überstunden in Geld um, kommen aus mehreren Jahren – wie bei Gerhard Neuhaus – rund 20.000 Euro zusammen. Eigentlich sollten seine Ansprüche grundsätzlich anerkannt werden. Doch jetzt: Trotz vorheriger Zusage eines Prokuristen will eine neue Justiziarin allenfalls Ansprüche aus den vergangenen drei Jahren anerkennen. Alles andere soll verfallen.