»Das Märchen von der abschlagsfreien Rente mit 63«
Im Editorial der DRUCK+PAPIER 2/2024 (t1p.de/dp-2-24-editorial) ging’s darum, dass sich Unternehmerverbände sowie FDP und CDU gegenseitig darin übertreffen, dass länger, härter und mehr gearbeitet werden sollte. Stets wird auch gefordert, die »Rente mit 63« abzuschaffen. Das regt Thomas Grimm mächtig auf. Denn die abschlagsfreie Rente mit 63 ist längst ausgelaufen.
Immer wieder höre und lese ich, dass Rentenversicherte nach 45 Jahren Beitragszeit mit 63 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen können. Gerne wird das auch von der Politik genutzt und so getan, als handele es sich um Menschen, die sich vor der Arbeit drücken wollen. Dabei gibt es diese Möglichkeit der Rente mit 63 schon lange nicht mehr. Sie galt bei Einführung nur für die vor 1953 Geborenen, die nach 45 Beitragsjahren endlich in Rente gehen durften. Schon für die späteren Jahrgänge verschob sich der Rentenbeginn auf später. Jemand mit Geburtsjahr 1964 kann erst mit 65 Jahren in Rente gehen. Ich bin 1961 geboren und hatte bereits mit 62 Jahren die 45 Jahre Beitragszeit erreicht. Doch um in Rente gehen zu können, kommt es nicht nur auf die Beitragsjahre, sondern auch aufs Lebensalter an. Altersrente für besonders langjährig Versicherte ohne Abschlag hätte es für mich erst im Oktober 2025 gegeben, also mit 64 Jahren und 6 Monaten. Alternativ bereits ab April 2024 mit 63 Jahren, dann aber trotz mittlerweile 46 Beitragsjahren mit 12,6 Prozent Abschlag! Nur weil ich schwerbehindert bin, konnte ich im vergangenen Jahr die Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Anspruch nehmen – nach 45 Jahren und 6 Monaten Beitragszeit und mit 7,2 Prozent Abschlag! Gewerkschaften und Sozialverbände sollten öfter darauf hinweisen, dass es die so häufig zitierte »Rente mit 63 ohne Abschlag« nicht mehr gibt, und den arbeitnehmerfernen Politikern und Politikerinnen damit ihre falschen Behauptungen widerlegen.