Auszeit

Reich macht arm

DruckerTage: Politikwissenschaftler Butterwegge analysiert Ursachen der sozialen Spaltung

Der Reichtum der einen ist die Armut der anderen. Dies ist eine zentrale Erkenntnis der zehnten ver.di-Drucker-
Tage in Gladenbach. Unter dem 
Titel »Wie arm oder reich geht es in Deutschland zu?« sorgten Referate von Christoph Butterwegge von der Uni Köln und Conrad Schuhler vom ISW – Institut für Sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V. – aus München für interessante und informative Debatten.

Butterwegge kritisierte, dass die Politik zwar in Sonntagsreden über die Bekämpfung von Armut rede. In der Realität aber setze sie sich stattdessen für die Förderung des Reichtums ein – durch Privatisierung, Steuersenkungen für reiche Erben und Vermögende sowie Umverteilung auf Kosten der sozial Benachteiligten. Dem werde bislang wenig entgegengesetzt. Ein Grund: Arme sind schwer zu mobilisieren, denn sie haben unmittelbar ganz andere Sorgen: »Sie müssen am Zwanzigsten eines Monats schauen, wie noch etwas Warmes auf den Tisch kommt.« Der Politikwissenschaftler setzt deshalb auf die Mittelschicht, die sich mit den Armen gegen die Verursacher von Armut solidarisieren müsse.

Christoph Butterwegge (rechts) und Moderator Viktor Kalla (links)

Armut auf die Agenda setzen

Dafür allerdings müsste das Thema »Armut« erst einmal wieder auf die öffentliche Agenda gesetzt werden. Und: Es müsste auch über Reichtum und die ungleiche Verteilung von Vermögen gesprochen werden. Denn wenn heute von Armut die Rede sei, gehe es meist nur um karitative Hilfe, erläuterte Butterwegge. Diese ändere jedoch nichts daran, dass finanziell schwache Menschen dauerhaft bedürftig bleiben. Um das anzugehen, müssten beispielsweise eine Vermögensteuer erhoben und vorhandene Steuerschlupflöcher gestopft werden. Doch in der Öffentlichkeit werde das nicht thematisiert. Warum eigentlich nicht?

Einen Grund sieht Butterwegge in der Rolle der Verlage. »Wer hat denn ein Interesse daran, dass Steuerschlupflöcher nicht thematisiert werden?«, fragte Butterwegge – und schickte die Antwort gleich hinterher: »Verlegerfamilien.« Er schilderte, dass Chefredakteure eine regelrechte Schere im Kopf hätten und Texte von ihm ablehnten, wenn er über Umverteilung schreiben wolle. Artikel, in denen lediglich Armut generell kritisiert werde, nähmen sie hingegen gerne. »Zeitungen dürfen nicht privaten Verlegern gehören, damit sie nicht die Möglichkeit haben, Informationen zu unterdrücken«, so seine Schlussfolgerung.

 

Flucht, Krise, Kapitalismus

Conrad Schuhler legte den Fokus in seinem Referat hingegen auf den Zusammenhang von Fluchtursachen, Krieg und Kapitalismus. Um die ersten beiden Probleme zu bekämpfen, müsse zwingend Letzterer überwunden werden (siehe auch: Interview in DRUCK+PAPIER 4.2016).

Die DruckerTage waren auch dieses Mal wieder gut besucht.