Arbeit

Solidarität bringt Durchbruch

Erfolgreicher Protest: Smurfit Kappa Polen verhandelt jetzt über Tarifverträge

Frühlingsbotschaft für die Smurfit-
Kappa-Beschäftigten in Polen: Was Anfang März noch als verhärteter Konflikt erschien, wandelte sich binnen zwei Wochen in Hoffnung auf einen baldigen Tarifabschluss. Offenbar korrigiert das Management des irischen Verpackungsriesen seinen Kurs gegenüber den polnischen Belegschaften.

Am 1. März 2016 sah es noch so aus: In einem Nobelhotel im Berliner Stadtzentrum spricht Konzernchef Tony Smurfit vor Branchenvertretern über die weitere Expansion des Osteuropageschäfts. Draußen stehen Gewerkschafter der polnischen Polygraphie-Gewerkschaft ZZP, des Dachverbandes UNI Global Union sowie von ver.di. Sie erinnern den Vorstand an den Unternehmenskodex, der allen Belegschaften Gewerkschafts- und Arbeitnehmerrechte zusichert. Denn in Polen versucht die ZZP vergeblich, über kollektive Tarifregelungen zu verhandeln und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Europaweite Unterstützung

Die Vertreter der polnischen ZZP 
waren wütend: Seit Jahren warben sie Mitglieder in den Smurfit-Kappa-
Werken in Gdansk, Pruszkow und anderswo. Ein beträchtlicher Teil der rund 600 Produktionsarbeiter ist bereits eingetreten – unter schwierigen Bedingungen: Gewerkschaftssekretäre durften zeitweise nicht in die Betriebe, Vorarbeiter waren angehalten, Gespräche am Arbeitsplatz zu unterbinden, ZZP-Infomaterial sollte nicht verteilt werden. Dagegen wehrten sich die polnischen Kollegen, machten die Verhältnisse öffentlich und erhielten europaweit Unterstützung. In einem Protestbrief forderten europäische Schwestergewerkschaften von Smurfit Kappa Polen ein Ende der Blockade und Tarifverhandlungen für die Belegschaften der fünf polnischen Werke.

In Polen selbst machten die Beschäftigten mit Autokorsos und Aktionen vor den Werkstoren auf ihre Forderungen aufmerksam. Doch das polnische Management verhandelte zunächst nicht mit der Gewerkschaft. Stattdessen sollte es Lohnaufschläge für Einzelne nach Gutdünken geben. ZZP-Sprecher Rafal Tomasiak kritisierte: »Unsere Beschäftigten in den polnischen Werken liefern Qualität. Sie haben ein Recht, bei Entlohnung und Arbeitsbedingungen mitzureden.«

Gewerkschaft erhält Zugang

Aktionen wie die in Berlin und die Ankündigung einer europaweiten UNI-Kampagne führten schließlich zum Durchbruch. Bei der UNI-Europa-Konferenz in Rom am 16. März überbrachten ZZP-Kollegen die Erfolgsnachricht: Lohnerhöhungen von vier bis sechs Prozent für alle gewerblichen Beschäftigten sind nun zugesichert, auch Prämien für lange Betriebszugehörigkeiten. Unverzüglich beginnen Verhandlungen über Lohntabellen und Eingruppierungen. Die eigentlichen Tarifverhandlungen sollen im Sommer starten.

Außerdem: Die ZZP erhält regulären Zugang zu den Betrieben, darf dort Infoständer aufstellen, Aushänge anbringen und ihre Mitglieder versammeln. »dziękuję bardzo« – Danke für die solidarische Unterstützung, hieß es deshalb in Rom.

Protestaktion am 1. März in Berlin