Corona-Krise

Das Geld reicht nicht

Auf einmal Kurzarbeit null. Und kein Cent Aufstockung vom Betrieb. Zwei Kollegen schildern anonym ihre Situation.

„Ich muss mir einen zusätzlichen Job suchen“

»Meinen persönlichen Shutdown kann ich genau terminieren: Am 16. März schloss die Kita und ich musste Urlaub nehmen, um meine Tochter zu betreuen. Exakt eine Woche später war im Betrieb Kurzarbeit null angesagt. Ich blieb drei Monate lang zu Hause – mit Kurzarbeitergeld ohne Aufstockung. Wir haben kürzlich gebaut, da konnte ich nebenbei viel an Haus und Garten machen. Aber freiwillig hätte ich das nie gegen Arbeit getauscht. Um die Einbußen nicht zu krass werden zu lassen, nahm ich zwischendurch immer mal wieder Urlaub. Der ist jetzt komplett futsch.

Mit 67 Prozent kommt man nicht aus. Praktisch ist der Ausfall höher, weil bei der Berechnung unsere üblichen Spät- und Nachtschichtzuschläge wegfallen. Mir fehlten im Mai rund 700 Euro. Zum Glück arbeitet meine Partnerin und die Bank ließ wegen des Kredits mit sich handeln. Ab Juli mussten wir aber wieder zahlen. 1.300 Euro brauchen wir monatlich nur fürs Haus und für meinen älteren Sohn ist Unterhalt fällig. Geld ist das große Thema momentan. Jeder spürt, wo es fehlt.

Seit Mitte Juni arbeite ich wieder, sechs Stunden am Tag. Nur eine der zwei Maschinen läuft, den Dienstplan gibt es erst kurzfristig. Dass das Kurzarbeitergeld ab vierten Monat steigt, ist gut. Reichen wird das nicht. Ich muss mir wohl einen 450-Euro-Job zusätzlich suchen. Ich bin Mitte 30, ich könnte das schaffen. Aber es ist eine total blöde Situation.«

„Ich kämpfe um jede Stunde Arbeit“

»Ich bin jetzt 25 Jahre im Betrieb. Im April und Mai habe ich wie viele hier jeweils zu 50 Prozent kurzgearbeitet. Das ist finanziell schwer zu verkraften. Weil meine Frau auch arbeitet, sind wir irgendwie durchgekommen. Doch ich kämpfe um jede Stunde Arbeit. Ich stehe wenige Monate vor der Rente. Als Spätaussiedler werden mir von den Ansprüchen aus Sowjetzeiten nur 62 Prozent anerkannt. Durch Sprachkurse, Umschulung und Arbeitslosigkeit gingen mir Anfang der 1990er weitere Jahre verloren. Da kommt es jetzt auf jeden Euro an. Sonst hab’ ich noch für den Rest des Lebens etwas von dieser Krise …«