Zeitungszustellung

Mindestens 30 Prozent

Bundesarbeitsgericht bestätigt 
höheren Nachtzuschlag

Eine Bremer Zustellerin verpasste ihrer Firma jetzt eine tüchtige Niederlage: Weil sie den Weser-Kurier für den abgesenkten Zeitungszusteller-Mindestlohn und nur 25 Prozent Nachtzuschlag austragen musste, verklagte sie im August 2015 den tariflosen Zeitungslogistikbetrieb. Der Fall zog sich durch alle Instanzen. In Sachen Zuschläge bekam die Klägerin recht.

Keine leichte Arbeit

Für die regelmäßige Nachtarbeit – die Zeitungen sollen vor 6 Uhr in den Briefkästen liegen – seien 25 Prozent Zuschlag nicht angemessen, befand das Bundesarbeitsgericht (Az: 
5 AZR 25/17). Die geforderten 30 Prozent seien daher rechtens. Damit widersprachen die höchsten Arbeitsrichter den Vorinstanzen und anderen Arbeitsgerichten, die mitunter nur zehn Prozent Nachtzuschlag für recht-
mäßig erklärt hatten. Begründung des Bundesarbeitsgerichts: Bei der Zeitungszustellung handele es sich um keine leichte Arbeit; auch vier Stunden nächtlicher Tätigkeit störten 
die biologische Nachtruhe erheblich.

Jetzt Geld nachfordern

Das bestätigt die Auffassung von ver.di: »Man geht automatisch davon aus, Zeitungszu
stellung sei nur nachts möglich. Doch Nachtarbeit ist nur aus technischen Gründen oder nach Art der Tätigkeit unvermeidlich, etwa bei Rettungsdiensten oder der Feuerwehr. Für die Zustellung ist sie dagegen Teil des unternehmerischen Konzepts.« Das rechtfertige höhere Zuschläge, sagt Gewerkschaftssekretärin Rachel Marquardt: »Wir empfehlen unseren Kolleginnen und Kollegen in der Zustellung, jetzt die 30 Prozent zu fordern« – unabhängig davon, was im Arbeitsvertrag steht. Eventuell seien aber Ausschlussfristen zu beachten.

In Sachen Mindestlohn hatte die Bremerin keinen Erfolg. Das Gericht hält es für rechtens, dass Zusteller und Zustellerinnen, die ausschließlich redaktionelle Blätter austrugen, von 2015 bis 2017 gestaffelt mit einem verringerten Mindestlohn abgespeist werden konnten. Ab 1. Januar 2015 erhielten sie nur 6,38 Euro pro Stunde, ab 2016 dann 7,23 Euro und ab 2017 erst 8,50 Euro. Den Verlegern, so Schätzungen, dürfte das etwa eine Dreiviertelmilliarde Euro gebracht haben. Ob sie und ihre Berufsgruppe nicht doch diskriminiert wurden, überlegt die Zustellerin das Bundesverfassungsgericht zu befragen.