Essen auf Bildern
Klimaaktivisten bewerfen Gemälde in Museen zurzeit gern mit Kartoffelbrei und kleben sich dann an die Bilderrahmen. Wofür, fragen sie, brauchen wir noch Kunst, wenn sowieso alles den Bach runtergeht? Gefühlt halb Deutschland regt sich über die nihilistische Jugend auf – aber niemand redet über das Anliegen, auf das sie aufmerksam machen will: Klimaschutz. Immerhin – die Idee, sich an ein berühmtes Bild zu kleben, ist anscheinend so gut, dass die deutschen Medien alle ihre Liebe zur Kunst wiederentdecken und die Vorzüge autoritärer Erziehungsmethoden bis hin zum präventiven Dauer-Stubenarrest diskutieren. Nur um nicht über unseren Beitrag zum kaputten Klima reden zu müssen.
Ich denke bei Essen auf Bildern eher an Kleinkinder, die ihren Baby brei – patsche-patsche – in der Küche verteilen. Aber, zugegeben, medial ist die Protestform »Bildersturm« so erfolgreich, dass es gewiss bald Nachahmer gibt: Ich fürchte den Tag, an dem sich Christian Lindner an der Tür von Robert Habecks Lieblingsitaliener festklebt, um längere Laufzeiten von Atomkraftwerken zu erzwingen. Oder Karl Lauterbach bewirft im Zoo Fledermäuse mit Kartoffelbrei, damit sich alle boostern lassen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die Strandhaubitze der FDP, schüttet Tomatensuppe auf Picassos »Guernica«, damit mehr schwere Panzer an die Ukraine geliefert werden. Und Markus Söder klebt sich an ein hessisches Windrad mit der Forderung, dass Bayern windkraftradfrei bleibt. Meine Lebensmittelabschnitts gefährtin hat sich schon vor ein paar Tagen im Wohnzimmer an den Fernseher geklebt, damit wir auf keinen Fall Fußball gucken. Ich hab’ mich solidarisiert und danebengeklebt. Und jetzt wissen wir nicht, wie die jungen Bilderstürmer wieder von den Bilderrahmen losgekommen sind.«