Tarif

Raus vors Tor!

Tarifverhandlungen in der Papierverarbeitung | Belegschaften verärgert über mickrige Angebote des Unternehmerverbandes

Zuerst wird das Wattestäbchen tief in den Rachen geführt, kreisen, abstreifen, fertig – Abstrich für den Corona-Schnelltest. Dann etwa 15 Minuten warten. Ist das Testergebnis negativ, also keine Virenlast nachweisbar, können die Tarifverhandlungen starten. Eine weitere Besonderheit der Verhandlungen unter Pandemiebedingungen ist der große Raum in dem Berliner Hotel. Die Vertreter*innen von ver.di und des Unternehmerverbandes sitzen so weit auseinander, dass alle recht laut sprechen müssen, um sich zu verständigen.

Und noch etwas ist anders als sonst: Die Verhandlungskommission ist vor Ort, diskutiert wird mit der Tarifkommission in der Webkonferenz. Vor Ort sind Uwe Knorr (Smurfit Kappa), Werner Kulack (DS Smith) und Benjamin Epple (Edelmann) sowie Verhandlungsführer Andreas Fröhlich, Rachel Marquardt und Frank Schreckenberg von ver.di. Die übrigen Tarifkommissionsmitglieder wählen sich zu festgelegten Zeiten ein und sind per Videokonferenz zugeschaltet. Danach geht die Verhandlungskommission wieder in echt, live und laut zurück zu den Gesprächen mit dem Hauptverband Papier- und Kunststoffverarbeitung (HPV).

Sie gehörten mit zu den ersten Streikenden: die Kolleg*innen bei Edelmann Pharmadruck in Weilheim. Bei Mayr Melnhof Graphia in Trier wurde die Arbeit auch niedergelegt.

»Ich wurde ständig von den Kollegen und Kolleginnen gefragt, wann es endlich losgeht. Auch von Nicht-Mitgliedern. Sie wollten raus vors Tor«, sagte Betriebsratsvorsitzender Werner Kulack bei DS Smith in Minden Anfang März. »Das Unternehmen verdient viel Geld in der Pandemie. Dass die Belegschaften mit einem mickrigen Lohnplus abgespeist werden sollen, verärgert sie ungemein.« Im Laufe des Monats sind Streiks in vielen Betrieben geplant, manche Belegschaften sind mit allen drei Schichten dabei.

Zu spät

Wenn diese Ausgabe in den Briefkästen steckt, ist sie von den Ereignissen in der Papierverarbeitung überholt worden. Am 26. März – da war DRUCK+PAPIER schon gedruckt – trafen sich ver.di und der Unternehmerverband HPV zur vierten Verhandlungsrunde – bis dahin hatten viele Beschäftigte ihre Arbeit niedergelegt. Informationen gibt es hier: t1p.de/ppkv-20-21

Die nächsten Verhandlungen

Nachdem die Gespräche zwischen ver.di und dem Bundesverband Druck und Medien im November wegen der Corona-Beschränkungen ausgefallen waren, soll es am 20. und 21. April weitergehen. Falls auch dann keine Präsenzveranstaltung möglich ist, werden am 18. und 19. Mai die Verhandlungen wiederaufgenommen.

Karikatur: Thomas Plaßmann