Internationales

Drei in Toledo

Eindrücke von der europäischen und weltweiten Gewerkschaftskonferenz der Druck- und Verpackungsindustrie

Von links: Elke Lang, Betriebsratsvorsitzende 
der Heilbronner Stimme; Rainer Lange, Betriebsratsvorsitzender bei Rasch; Achim Schulze 
vertritt ver.di auf internationaler Ebene im 
grafischen Gewerbe. 
Vorne von links: Andreas Fröhlich und René Rudolf-Baumgartner von ver.di; Karin Wagner, Betriebsratsvorsitzende bei der Märkischen Verlags- und Druck-Gesellschaft.



Unter den 90 Teilnehmenden waren auch drei Delegierte von ver.di: Karin Wagner, Rainer Lange und Elke Lang. Darum ging es vom 22. bis 25. Oktober in Spanien: Wie gelingt es, mehr Kolleg*innen für die Gewerkschaft zu gewinnen? Den Einfluss der Gewerkschaften in multinationalen Unternehmen zu stärken? Und Tarifverträge durchzusetzen?

Manchmal beschwerlich, mitunter lebensgefährlich

Gewerkschaftskolleginnen und -kollegen unserer Branchen aus der ganzen Welt berichteten über die Bedingungen in ihren Ländern. In Indonesien zum Beispiel darf sich die Gewerkschaft dem Betriebsgelände von Tetra Pak, dem Schweizer Hersteller von Getränkekartons, nur bis auf 100 Meter nähern; sonst »schreiten die Sicherheitskräfte ein«. In Polen müssen mindestens 100 Beschäftigte Gewerkschaftsmitglied sein, damit im Betrieb eine Gewerkschaftsgruppe aktiv werden darf. Gewerkschaftsarbeit ist in einigen Ländern aber nicht nur beschwerlich, sondern auch gefährlich: In Kolumbien wurden 
272 Gewerkschafter*innen im vergangenen Jahr und bereits 255 in diesem Jahr umgebracht. In allen Ländern geht es darum, Tarifverträge zur Verbesserung und Angleichung der Arbeitsbedingungen abzuschließen. West Rock, ein US-amerikanischer Pappe- und Verpackungshersteller, beschäftigt rund 5.000 Menschen in 
30 Ländern. Allein in den USA gibt es 
64 Betriebe. Die Hälfte der weltweit 
verteilten Betriebe wird bereits von Tarifverträgen erfasst. Das ist ein Erfolg. Eins eint uns: der Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen und Gleichberechtigung. 
Ich freue mich immer riesig, Kolleginnen und Kollegen aus vergangenen Konferenzen wiederzusehen. Es macht auch Mut für die eigene Arbeit.

Karin Wagner, Betriebsratsvorsitzende bei der Märkischen Verlags- und Druck- Gesellschaft Potsdam

Wenn sich Unternehmen verweigern

Es ist interessant zu erfahren, wie Gewerkschaftsarbeit woanders gemacht wird. Vieles stellt sich auch ähnlich dar: Der Zeitungsdruck und die Printmedien sind insgesamt rückläufig und Arbeitsplätze fallen weg. Wichtig ist, mehr Kollegen und Kolleginnen für die Gewerkschaft zu gewinnen. Verschiedene Länder stellten vor, was sie ausprobiert haben. Wir haben für Deutschland berichtet, dass mehr als die Hälfte der Beschäftigten eines Betriebes Mitglied von ver.di sein muss, bevor wir das Unternehmen zu Firmentarifverhandlungen auffordern. Der Organisationsgrad ist wichtig, um die Forderung auch durchzusetzen. Aus Polen wurde geschildert, dass sämtliche Aktivisten eines Standorts zusammengeholt wurden, aber auch Sportfeste mitsamt den Familien organisiert wurden, um das Gemeinschaftsgefühl zu stärken. Manchmal geht es darum, Unternehmen überhaupt dazu zu bewegen, sich mit der Gewerkschaft an einen Tisch zu setzen. Bei Amcor in Polen gab es Kampagnen, damit die Gewerkschaften anerkannt wurden. Dazu wurde ein Netzwerk gewerkschaftlicher Koordinierung eingerichtet, das von UNI initiiert wurde.

Elke Lang, Betriebsratsvorsitzende Heilbronner Stimme

Rechte Regierungen behindern 
Gewerkschaften

Ein Thema auf der Konferenz hat mich nachdenklich gestimmt: Welchen Einfluss haben politische Wahlen auf Gewerkschaftsarbeit? Eine australische Gewerkschaftssekretärin berichtete, wie seit der Wahl einer rechtsliberalen Regierung die Gewerkschaftsarbeit enorm erschwert wird. Oder Brasilien: Nach der Wahl Bolsonaros wurden Arbeitnehmerrechte beschnitten und gewerkschaftliche Arbeit behindert. Beide Regierungen wurden demokratisch gewählt! Woanders müssen Gewerkschafter um ihr Leben fürchten, wie in Kolumbien. Das lässt die Probleme bei uns klein erscheinen. Aber bei genauem Hinsehen scheinen wir auf ähnliche Probleme zuzulaufen. Auch bei uns erstarken die rechtspopulistischen Kräfte mit der AfD. Die allerdings mit Arbeitnehmerrechten so wenig am Hut haben wie die Regierungen in Brasilien und Australien. Sollte die AfD irgendwann mal an die Regierung auf Bundesebene kommen, was ich nicht hoffe, ist damit zu rechnen, dass es uns ähnlich ergeht wie Gewerkschaften in Ländern mit rechten Regierungen. Gerade dann brauchen wir die Kontakte zu den anderen Gewerkschaften, die diesen Kampf schon führen, um von ihnen zu lernen.

Rainer Lange, Betriebsratsvorsitzender, Tapetenfabrik Rasch, Bramsche

Weltweit vernetzt

UNI Global Union ist ein Sprachrohr von 20 Millionen Beschäftigten im Dienstleistungssektor in allen Teilen der Welt. Über ihre 900 Mitgliedsorganisationen vertritt UNI Erwerbstätige in 150 Ländern. Einer der Sektoren ist der Grafik- und Verpackungssektor mit der Gewerkschaft UNI Graphik & Verpackung. Sie hat über 800.000 Mitglieder in mehr als 150 Gewerkschaften in der ganzen Welt. Ihr regionaler Ableger ist UNI Europa Graphical and Packaging für 350.000 Mitglieder in der Druck- und Verpackungsindustrie in Europa. bit.ly/UNI-G-U