Aus den Betrieben

Die Insolvenzmacher produzieren Druckerei-Pleiten in Serie

Die Schließung der apm-Druckerei in Darmstadt ist kein Einzelfall: Schon mehrfach gingen Firmen aus dem Besitz von Andrew Seidl und Torsten Voß kaputt. »Ihr Geschäftsmodell ist nicht der Betrieb, sondern die Liquidation der Firmen«, sagt ein Kenner. Mithilfe von Insolvenzplan-Verfahren landeten Vermögenswerte bei den Gesellschaftern, während die Arbeitnehmer*innen arbeitslos werden. 

Die beiden Dresdner Voß und Seidl geben sich als honorige Unternehmer. Der Jurist Andrew Seidl betreibt seit 1990 eine Anwaltskanzlei mit dem Schwerpunkt Insolvenzrecht. Der Diplom-Kaufmann Torsten Voß hat als Unternehmensberater und bei  Focus Online als Wirtschaftsexperte gearbeitet. Voß pflegt Freundschaften im rechten Milieu: Im Februar 2018 dozierte er gemeinsam mit dem sächsischen AfD-Funktionär Maximilian Krah über Wirtschaftspolitik und die neue Bundesregierung als »Kotz-Koalition«. 

Geld verdienen Seidl und Voß unter anderem mit der gemeinsamen, nach ihren Initialen getauften Druckerei-Holding Astov. In den vergangenen Jahren übernahmen sie mehrfach traditionsreiche Druckereien, die in Schwierigkeiten geraten waren. 2015 kauften sie nach Presseberichten das Bodensee Medienzentrum in Tettnang – kurz darauf wurde es geschlossen. Im selben Jahr übernahm die Astov-Gruppe die Neue Süddeutsche Verlagsdruckerei vom Schwabenverlag in Ulm. Im Frühjahr 2016 kam das Aus; elf Beschäftigte verloren ihre Arbeit. 

Weiter: Im Jahr 2017 übernahmen Voß und Seidl die 1960 gegründete Druckerei Kessler Druck und Medien in Bobingen bei Augsburg. Im Mai 2018 kam der Insolvenzantrag. Wenige Wochen später wurde die Firma geschlossen; rund 150 Beschäftigte mussten zur Arbeitsagentur. 

In Darmstadt wurden Voß und Seidl schon 2006 aktiv. Mit drei weiteren Gesellschaftern übernahmen sie damals von der Beteiligungsgesellschaft der Gewerkschaften die alpha print medien GmbH, deren Belegschaft früher in der Frankfurter Union-Druckerei der Gewerkschaften gearbeitet hatte. Der apm ging es nicht gut. »In einem Jahr haben wir sechs Millionen Euro Verlust gemacht«, sagt jemand aus der Belegschaft, der es genau weiß. Es gab viele Geschäftsführerwechsel, eine stark schwankende Auftragslage; in Spitzenzeiten waren mehr als 200 Menschen beschäftigt. 

Als Anreiz bekamen die neuen Eigner 2006 von den Gewerkschaften mehrere Millionen Euro und langfristige Druckaufträge. Seit 2009 gehörte die apm-Druckerei nur noch Andrew Seidl und Torsten Voß. »Die Gesellschafter haben keinen eigenen Cent reingesteckt«, so ein Insider. Die Maschinen seien dann immer mehr auf Verschleiß gefahren worden. Die Belegschaft bekam zwar Tariflöhne, musste aber auf Urlaubsgeld und Jahresleistung verzichten. Nach dieser Rechnung ersparten die Beschäftigten dem Unternehmen laut Insider 11,5 Millionen Euro. 

2017 spalteten die Eigentümer Voß und Seidl ihre Darmstädter Druckerei auf: Die rund 160-köpfige Belegschaft wurde in eine GmbH ausgelagert. Für diese Firma leiteten Voß und Seidl im Sommer 2018 das Insolvenzverfahren ein. Zum Jahresende schickte man die Belegschaft in die Arbeitslosigkeit. Die apm AG blieb davon unbehelligt – ihr gehören das Betriebsgelände, die Maschinen und der Auftragsbestand. 

Die IG Metall und ver.di sind jetzt auf der Suche nach neuen Druckereien für ihre Publikationen.

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