Lesegeschichte

Erfinder der beweglichen Lettern

Vor 550 Jahren starb Gutenberg: 
Sein Buchdruck hat die Welt verändert

In Zeiten von Facebook und Instagram schwer vorstellbar: Aber von Johannes Gutenberg gibt es kein Originalbild und über sein Privatleben ist kaum etwas bekannt. Denkmäler zeigen ihn als ernsten Mann mit Pelzhut und langem Bart. Reine Fiktion. Doch fest steht: Johannes Gensfleisch, wie er wirklich hieß – geboren um 1400, wahrscheinlich in Mainz –, hat die Welt verändert. In diesem Jahr steht ein Jubiläum an. Vor 550 Jahren ist der Geschäftsmann in Mainz gestorben. Ob tatsächlich – wie gemeinhin angegeben – am 3. Februar 1468 oder ein paar Tage früher oder später, ist unwichtig.

Seine Erfindung war revolutionär: Der Buchdruck mit beweglichen Lettern hat ein neues Medienzeitalter eingeleitet. Wissen konnte dadurch massenhaft verbreitet, Zeitungen und Bücher in Serienproduktion hergestellt werden. Vorher malten Schreibkundige die Texte per Hand mühsam Wort für Wort ab. Es gab zwar schon den Holzdruck. Doch auch dieses Verfahren war aufwendig. Vorlagen mussten in eine Holzplatte geritzt, die Zwischenräume herausgeschnitten werden. Jede Seite benötigte eine eigene Druckvorlage. Die Folge: Nur reiche Menschen konnten sich Bücher leisten.

Die Nachwelt hat sich ihr Bildnis von Gutenberg selbst gemacht. commons-wikimedia

Eine Revolution hatte er nicht im Sinn; Gutenberg wollte vielmehr die perfekte Bibel
herstellen. 290 verschiedene Figuren hat er dafür gegossen, 20 Menschen schafften daran. Heute gibt es noch 49 Exemplare der 42-zeiligen Bibel, zwei davon im Gutenberg-Museum in Mainz. © Gutenberg-Museum Mainz

Das änderte sich mit Gutenberg. Seine Idee war es, einen Text in lauter Einzelteile zu zerlegen – kleine und große Buchstaben, Satzzeichen und Abkürzungen. Diese Einzelteile wurden – seitenverkehrt – als Lettern gegossen und zu Wörtern, Zeilen und Seiten zusammengefügt. Dann konnte gedruckt werden. Und danach wurde der Satz wieder auseinandergenommen und alle Einzelteile zurück in den Setzkasten gelegt. Bis zur nächsten Seite. So konnten mit einer Vorlage in kurzer Zeit hohe Auflagen hergestellt werden. Jetzt waren Schriften und Bücher sehr viel mehr Menschen zugänglich, auch wenn um diese Zeit gerade mal 10 bis 30 Prozent der Geistlichen, Adeligen, Kaufleute, Handwerker und Bauern lesen und schreiben konnten.

Gutenberg löste eine Medienrevolution aus. Dabei strebte er gar keinen radikalen Umbruch an. Sein Meisterwerk war eine Bibel, die wie perfekt handgeschrieben aussehen sollte. Und die Kirche freute sich über die Erfindung, weil sie durch die serienmäßige Produktion von Ablassbriefen den Menschen viel Geld aus der Tasche ziehen konnte.

Das Zeitalter der Aufklärung wäre ohne Gutenberg undenkbar. Das US-Magazin Time Life kürte das moderne Druckverfahren 1997 zur bedeutendsten Erfindung des vergangenen Jahrtausends. Doch im Zeitalter der digitalen Medien kommt auch immer wieder die Frage auf: Wie aktuell ist Print noch? Wird der Buchdruck von einer neuen Medienrevolution verdrängt? Im Jubiläumsjahr widmen sich viele Ausstellungen, Veranstaltungen und Beiträge diesen und anderen Fragen rund um den Buchdruck.

Hessisches Landesmuseum Darmstadt
Abteilung Schriftguss, Satz und 
Druckverfahren • Kirschenallee 88 • Darmstadt
 www.bit.ly/MUS-Guss

Eine Stoppzylinderschnellpresse von Marinoni, Paris, etwa 1875 gebaut

Fürs Image

Hans Dölzer
, Buchbinder, Grafiker und Schriftsteller, ist Vorsitzender des Fachausschusses für die Druckindustrie Rhein-Neckar, Foto: privat

DRUCK+PAPIER: Zum Gedenkjahr orga
nisiert der Fachausschuss für die Druck-
industrie Rhein-Neckar eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel »Gutenberg 4.0 – 
Medien 550 Jahre nach Gutenberg«. 
Welche Botschaft steckt dahinter?

Hans Dölzer: Wir wollen auf die Vielfalt und Aktualität der Medienberufe hinweisen. Viele Menschen haben ein falsches Bild von der Branche. Am Drucker klebt keine Druckerschwärze mehr, sondern er arbeitet am Bildschirm. Wir wollen zeigen, dass Medienberufe nicht veraltet sind, sondern sich durch die technische Entwicklung stark verändern – und neue Qualifikationen erfordern.

Was erhoffst du dir davon?

Wir wollen das 550. Todesjahr von Gutenberg nutzen, um für Medienberufe zu 
werben. Die Branche befindet sich im Wandel – und muss sich anpassen. So sind zum Beispiel vor allem Druckereien erfolgreich, die nicht nur Printerzeugnisse anbieten, 
sondern für ihre Kunden auch den Web­auftritt und Newsletter erstellen.

Im Gutenberg-Gedenkjahr stehen über 
30 Veranstaltungen auf eurem Programm. Auf wen zielt das Angebot?

In erster Linie wollen wir junge Leute erreichen, die überlegen, welchen Beruf sie lernen wollen. Aber auch deren Eltern und das Umfeld. Um ehrlich zu sein, hatten wir nicht mit einer so großen Resonanz gerechnet. Die Veranstalter haben uns fast die Türen eingerannt. Vom großen Druckmaschinenhersteller bis zur kleinen Buchbinderei 
wollen alle etwas beisteuern. Offenbar 
gibt es ein großes Bedürfnis, ein anderes Bild der Branche zu vermitteln.

Veranstaltungen

Jubiläumsprogramm in Mainz

Das Jubiläumsprogramm in Mainz umfasst drei Hefte. Keine Frage: Die Stadt ist stolz auf ihren berühmtesten Sohn. »Und so werden wir nicht müde, an ihn zu erinnern«, schreibt Oberbürgermeister Michael Ebling im Vorwort. Das Jubiläum zum 550. Todestag will die Stadt nutzen, »um diesem genialen Erfinder zu gedenken, sein wertvolles Erbe zu würdigen und auch einen Blick darauf zu werfen, wie dieses sich heute und in Zukunft darstellt.«

23. Juni: Johannisnacht in Mainz mit Gautschen auf dem Liebfrauenplatz
Bei der Zeremonie werden seit dem 
16. Jahrhundert Gesellen in ein großes, mit Wasser gefülltes Holzfass eingetaucht. Diese Tradition wird in historischen Kostümen fortgeführt; bei den Täuflingen handelt es sich heute hauptsächlich um frisch ausgebildete Mediengestalterinnen und Mediengestalter.

www.gutenberg.de

 

Im Gutenberg-Museum in Mainz

Ab 20. September: Sonderausstellung »Ohne Zweifel Gutenberg?« 

Die Ausstellung stellt die Erfindung entsprechenden Entwicklungen in Asien gegenüber, wo bereits seit dem 11. Jahrhundert mit beweglichen Lettern ge-
arbeitet wurde – jedoch mit anderer 
Verfahrensweise und anderen Zielen.

www.gutenberg-museum.de

 

Im Rhein-Neckar-Raum

8. Juni: »Wir rocken den Johannes«: Kabarett- und Musikabend im baden-württembergischen Weinheim
Auf der Bühne gibt es Kabarett, Jazz, Soul, Blues und Klassik sowie Lesungen. Veranstalter ist der ver.di-Fachbereich 
Medien. Eintritt: 15 Euro.

14. Juli: »Gautschfest der Jünger 
Gutenbergs«:
Rund 50 frisch ausge-
lernte Azubis – Mediengestalterinnen 
und Drucker – erhalten am Technoseum in Mannheim ihre Wassertaufe. Gefeiert wird mit Liveband, Essen und Trinken. 
Der Eintritt ist frei.

www.gutenberg2018.de