Aus den Betrieben

Heimlich die Druckerei geräumt

DuMont entlässt alle Beschäftigten und schließt das Werk | Kampf um Sozialplan | Solidarität in Köln

Als die Beschäftigten nach dem Tag der Deutschen Einheit am 4. Oktober zur Arbeit erschienen, waren ihre Arbeitsplätze leer. »Man hat am Feiertag, als niemand im Haus war, mit Lkws das ganze Material, alle Beilagen, die noch in die Zeitung gelegt werden sollten, alle Papierrollen und Druckplatten nach Koblenz geschafft«, berichtet ein Betroffener. Die knapp 200 Festangestellten bekamen Hausverbot und wurden freigestellt. Mit dieser Aktion hat DuMont gegen die Rechte des Betriebsrats und des Wirtschaftsausschusses verstoßen (siehe: »Was hältst du von schärferen Sanktionen gegen Unternehmen?«). 

Unternehmenskultur à la DuMont

Die Produktion des Kölner Stadtanzeigers, der Kölnischen Rundschau und des Boulevardblatts Express wurde zum tariflosen Mittelrhein-Verlag verlagert, wo nach ver.di-Informationen überwiegend Leiharbeitskräfte beschäftigt sind. Mit der unangekündigten Schließung wollte DuMont Streiks verhindern, vermutet Jan Schulze-Husmann von ver.di. »Man erhoffte sich wohl eine geräuschlose Schließung und eine Entmutigung der Beschäftigten.« 

Es kam anders: Hunderte von Prominenten unterschrieben eine Solidaritätserklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Kölner Künstler*innen wie die Rockgruppe Brings versprachen ihre Unterstützung. Die bekannte Karnevalsband Paveier sagte ihren Auftritt an Weiberfastnacht im Karnevalszelt des DuMont-Verlages ab. Brauereien weigerten sich, die Zeitungen des Verlags in ihren Gaststätten auszulegen. 

Und mehr als 500 Betroffene und Unterstützer*innen versammelten sich am 24. Oktober zu einer Kundgebung vor dem Sitz des Neven-DuMont-Hauses in Köln-Niehl. Dort gab es Musik von Jens Streifling von den Höhnern und Rolly Brings. Und Reden, etwa vom SPD-Fraktionsvorsitzenden im nordrhein-westfälischen Landtag, Jochen Ott. Er habe das noch nicht erlebt. »Eine solche Vorgehensweise mit den Beschäftigten eines Traditionsunternehmens ist eine Zumutung.« 

Erst durch die Berichterstattung im Radio und die Aktionen erfuhr auch die Öffentlichkeit von den Machenschaften des Familienunternehmens. Denn die Leser*innen des Kölner Zeitungsmonopolisten waren nicht informiert worden, dass eine ganze Belegschaft auf die Straße gesetzt worden war. 

Die vielen Proteste hätten den Verlag schließlich dazu bewegt, mit dem Betriebsrat über einen Sozialplan zu sprechen, sagt der Kölner Gewerkschaftssekretär Viktor Efa. »Wir verhandeln weiter.« Es sei für die Beschäftigten beruhigend, dass aufgrund des Tarifvertrags dieses Jahr keine betriebsbedingten Kündigungen möglich seien. Die meisten Festangestellten hätten durch ihre lange Beschäftigungszugehörigkeit außerdem Anspruch auf Entgeltzahlung bis Juli oder August. 

Das Medienunternehmen äußert sich nicht und verweist auf die Presseerklärung. Die Schließung sei notwendig gewesen, da Modernisierungen nicht mehr finanzierbar seien.

»Das Mindeste, was eine Belegschaft mit einer so langen Betriebszugehörigkeit bei einer Schließung erwarten kann, sind frühzeitige Informationen und ein gut ausgestatteter Sozialplan, um den Arbeitsplatzverlust abzufedern«, erklärt Jan Schulze-Husmann von ver.di. Das Gegenteil ist geschehen. »Wer eine Schließung in der Art und Weise wie DuMont durchsetzt, hat mit Widerstand der Gewerkschaft und aus großen Teilen der Gesellschaft zu rechnen. Wir wollen mit unserem Protest ein Zeichen setzen, damit so etwas wie in Köln nicht noch einmal passiert.«

Ein Gemischtwarenladen

Kaufen, investieren, scheitern. Ausgründen, aufspalten, zerschlagen – das ist seit vielen Jahren beim Medienkonzern DuMont zu beobachten. 2006 kaufte er Anteile der Frankfurter Rundschau und der israelischen Haaretz-Gruppe, später Teile der Mecom Group mit dem Berliner Verlag (Berliner Zeitung, Berliner Kurier, Hamburger Morgenpost). Ziel war der Umbau zu einem national bedeutenden Verlagshaus. Doch das Unternehmen machte Verluste und verkaufte 2019 alle Zeitungen außerhalb der Heimatregion. Deren Zukunft und die der Druckerei waren zunächst ungewiss. Nach einer von ver.di organisierten öffentlichen Kampagne waren die Verkaufspläne vom Tisch. Es gebe viele hausgemachte Probleme, sagte der Medienwissenschaftler Horst Röper bereits 2019. Im Digitalgeschäft zu schwach aufgestellt, die Druckerei zu wenig ausgelastet. Mit über 200 direkten, indirekten, kompletten oder mehrheitlichen Beteiligungen ein Gemischtwarenladen.