Ausbildung

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»Faszinierend, wie viel möglich ist!«

Neuer Ausbildungsberuf für virtuelle Welten: Gestalter*innen für immersive Medien

Los geht es mit Äpfeln und Käse: Bis Niklas Schmidt am Computer ganze Welten künstlich erschaffen kann, dauert es noch etwas. Der 21-Jährige hat erst vor wenigen Tagen seine Ausbildung zum Gestalter für immersive Medien beim Medienunternehmen Invr.Space in Berlin begonnen. Zum Start übt er, einfache Objekte für ein Videospiel so lebensnah wie möglich im 3-D-Design zu erstellen.

Brille auf und eintauchen

»Kleine Feinheiten sorgen dafür, dass der Apfel natürlicher aussieht«, erklärt der Azubi. So darf die Frucht zum Beispiel nicht kugelrund sein, sondern muss kleine Wölbungen aufweisen. Im nächsten Schritt kommen Lichteffekte hinzu. Ganz zum Schluss kann jemand eine Virtual- Reality-Brille aufsetzen und in völlig andere Welten eintauchen, etwa mit einem klapprigen Flugzeug über den Atlantik fliegen. Ob im Film, in der Werbung, Bildung, Industrie, Medizin oder Architektur: Virtual Reality boomt und gehört in vielen Branchen längst selbstverständlich dazu. Höchste Zeit, dass dafür ein Ausbildungsberuf geschaffen wurde. Am 1. August war es soweit. In rund 15 Städten bieten Berufsschulen die dreijährige Ausbildung an.

Erarbeitet hat die neue Ausbildung das Bundesinstitut für Berufsbildung – gemeinsam mit Sachverständigen und dem Zentral-Fachausschuss Berufsbildung Druck und Medien (ZFA), in dem auch ver.di vertreten ist.

Vom Konzept bis zum Produkt

Nur durch Zufall hat Tobias Günzel, 24, in einer Broschüre von dem neuen Beruf erfahren und war sofort Feuer und Flamme. Ihn habe die Aussicht gelockt, selbst virtuelle Realitäten zu erschaffen, sagt er. »Vom Zocken wusste ich, was damit alles möglich ist.« Zu Hause spiele er selbst Videospiele mit Virtual-Reality-Brille und wisse aus eigener Erfahrung, wie »cool« dieses Erlebnis sei. Umso glücklicher ist er, jetzt eine Ausbildung zum Gestalter für immersive Medien – immersiv bedeutet so viel wie eintauchen, in diesem Fall in künstliche Welten – beim Softwareentwickler World of VR in Köln machen zu können. »Jetzt sehe ich, wie viel mehr noch möglich ist«, sagt Tobias Günzel. »Das ist faszinierend.«

Toll findet er vor allem, dass die Ausbildung so breit gefächert ist. »Wir lernen nicht nur Programmieren oder 3-D-Design, sondern alles: vom Konzept bis zum fertigen Produkt.« Das Kölner Unternehmen bietet unter anderem virtuelle Trainings für Firmen an. Zum Beispiel erproben Beschäftigte der Stadtwerke in Simulationen von Umspannwerken wichtige Sicherheitsregeln.

Geschäftsführer Jens Epe findet es gut, dass es endlich einen Ausbildungsberuf gibt. Er bedauert, dass der Einstieg in die Branche bisher oft über private Anbieter erfolgte, die dafür viel Geld verlangen, und meist ein Studium erforderte. »Dabei ist der Einstieg aufgrund der Hard- und Software leichter denn je«, sagt Jens Epe. »Schon heute entwickeln Zwölfjährige tolle Welten in Minecraft und Roblox.«

Auch der Geschäftsführer von Invr.Space in Berlin, Sönke Kirchhof, freut sich über die neue Ausbildung. Bisher sei ihr Nachwuchs vor allem über einen Quereinstieg in die Branche gekommen. Doch die Nachwuchskräfte brachten viel Know-how mit, das sie nicht brauchten – anderes fehlte. Sein Unternehmen ermöglicht Fans unter anderem, virtuell an großen Festivals wie Rock am Ring oder Wacken teilzunehmen – ohne vor Ort zu sein. »Das Medium wandelt sich ständig«, findet Sönke Kirchhof. Wichtig ist ihm vor allem Teamfähigkeit. »Fast alles macht man zusammen.« Niklas Schmidt ist mit dem Start seiner Ausbildung sehr zufrieden: »Macht viel Spaß.«

Informationen zum Beruf unter t1p.de/zfa-medien-immersiv

https://gestaltung-immersiv.de

Ausbildungsreport

Mit der digitalen Ausstattung sind vier von zehn Auszubildenden unzufrieden. Auch die fachliche Anleitung im Ausbildungsbetrieb wird kritisiert. Mehr als jede*r Zehnte gab an, Arbeitsvorgänge nicht zufriedenstellend erklärt zu bekommen. Das sind Ergebnisse des Ausbildungsreports 2023 des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). An der repräsentativen Befragung haben sich knapp 10.000 Auszubildende aus den 25 am häufigsten gewählten Ausbildungsberufen beteiligt. Berufe der Druck- und Medienbranche sind nicht gesondert ausgewertet worden.

Der Ausbildungsreport kann heruntergeladen werden unter t1p.de/ausbildungsrep

Modernisiert

Der Beruf Mediengestalter*in Digital und Print – nach wie vor der beliebteste duale Medienberuf – wurde zum 1. August modernisiert. Die Ausbildungsstruktur wurde verändert, die doppelte Struktur mit Fachrichtungen und Wahlqualifikationen vereinfacht. Die Modernisierung ist unter anderem durch die technologische Entwicklung notwendig geworden. Die zunehmende Automatisierung sowie die Übernahme von Tätigkeiten durch Software veränderten die Tätigkeiten der Mediengestalter*innen, schreibt der ZFA, der die Neuordnung angestoßen hat. Zum Beruf gibt es eine Broschüre und ein Poster.

t1p.de/zfa-grundlagen

t1p.de/zfa-poster