Ausbildung

»Ist das nicht zu schwer für dich?«

Druckbetriebe noch immer männerdominiert | Was die Berufswahl bei jungen Frauen beeinflusst | Betriebsklima spielt eine große Rolle

Was sie mal werden möchte, wusste Luna Lemke seit diesem Sommerfest. Ihr Vater habe sie als Schülerin mit zur Feier in die Druckerei genommen, in der er arbeitet, berichtet die 18-Jährige aus Gotha. Dort durfte sie durch die Produktionshalle von Bartsch International in Drei Gleichen spazieren. »Die großen Maschinen haben mich fasziniert.« Die Schülerin machte in der achten Klasse ihr zweiwöchiges Praktikum in der Druckerei und jobbte dort in den Ferien. »Die Arbeit hat mir großen Spaß gemacht.« Nach dem Realschulabschluss begann Luna Lemke in dem Werk ihre dreijährige Ausbildung zur Medientechnologin Druck.

Ihr Berufsweg ist typisch für Frauen in der Branche, wie eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB) zeigt. Bei Medientechnolog*innen Druck liegt der Frauenanteil bei gerade mal 17 Prozent. Was trägt dazu bei, dass sich junge Frauen für diesen Beruf entscheiden? Das BiBB-Forschungsprojekt »Frauen wählen MINT« (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik), kurz FeMINT, hat herausgefunden, dass eine große Rolle spielt, ob Familienmitglieder in dem Beruf arbeiten oder Freund*innen die Ausbildung empfehlen.

Positives Echo im privaten Umfeld

Miriam Schäfer wurde bei der Wahl ihres Berufs ebenfalls vom Vater geprägt. »Aber eher unterbewusst«, sagt die Medientechnologin Druck bei Dierichs Druck in Kassel. Ihr Vater arbeitet als selbstständiger Schlosser in einem Metallbetrieb direkt neben dem Wohnhaus der Familie. Damit sei sie groß geworden. »Ich hatte nie Berührungsängste mit Werkzeug oder Reparaturen.« Auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz entdeckte sie die Anzeige der Druckerei. Wartungsarbeiten an Maschinen. »Das hörte sich interessant an«, sagt die 28-Jährige. Den ganzen Tag im Büro sitzen, sei nichts für sie. Vielen Freund*innen musste sie erst erklären, was es mit dem Beruf auf sich hat. Doch alle fänden gut, was sie mache. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der Berufswunsch im privaten Umfeld in der Regel auf positives Echo stößt.

Sprüche der Kollegen

Allerdings erleben einige Auszubildende, dass ihnen männliche Kollegen die Arbeit nicht zutrauen. Luna Lemke erzählt, dass sie oft Sprüche zu hören bekomme. Einmal fragte ein Kollege, ob sie überhaupt mit Werkzeug umgehen könne. Es vergeht kaum ein Arbeitstag, an dem ihr nicht Hilfe angeboten wird, nach dem Motto: »Das ist doch zu schwer für dich.« Nett gemeint, aber komisch finde sie es schon. Auch Miriam Schäfer bei Dierichs Druck in Kassel wird ab und zu von ihren Kollegen gefragt, ob sie Hilfe benötige. »Wenn mir etwas zu schwer ist, sage ich es selber.« Mit ihren Kolleg*innen verstehe sie sich sehr gut. »Ich habe nie das Gefühl, anders behandelt zu werden.« Luna Lemke wechselt nach der Ausbildung in eine andere Druckerei. Aber eins weiß sie genau: Mit dem Beruf ist sie sehr glücklich.

Was mehr bringt als große Kampagnen

Um Frauen für den Beruf Medientechnolog*in Druck zu begeistern, ist der persönliche Kontakt ausschlaggebend. Der bringe mehr als groß angelegte Kampagnen. Davon ist Heike Krämer vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) überzeugt. Das Projekt »Frauen wählen MINT: Einflussfaktoren bei der Berufswahl« habe gezeigt, dass betriebliche Praktika eine wichtige Rolle spielten. Veranstaltungen wie der Girls’ Day böten Mädchen die Chance, viele Berufe überhaupt erst kennenzulernen. »Mal in den Betrieb zu gehen, ist das A und O.« Um zu sehen, wie gearbeitet wird – und vor allem das Arbeitsklima zu erleben. Ein Tipp an die Druckereien: Sie sollten Wert auf eine gute Unternehmenskultur legen. Die Studie zeige, dass sich weibliche Azubis im Betrieb nicht immer gleichberechtigt behandelt fühlten. »Werden Frauen willkommen geheißen, ist das eine gute Eintrittskarte in den Beruf.«