Nachruf

Werner Weber ist tot

Werner konnte man schon hören, bevor man ihn sah. Seine Stimme trug mühelos durch eine Produktionshalle – ohne Mikrofon, versteht sich. Doch auch leise Töne waren ihm nicht fremd. Wenn er sich manchmal fragte: »Warum tu’ ich mir das an? Warum geh’ ich nicht zurück an die Druckmaschine?« Das tat er nur noch selten. Allerdings arbeitete er regelmäßig Spät- und Nachtschichten mit, um als freigestellter Betriebsratsvorsitzender zu wissen, was die Belegschaft umtreibt.

Werner sorgte stets dafür, dass die Papierverarbeitung nicht das fünfte Rad am Wagen blieb. Von wegen Anhängsel der Druckindustrie.

Den härtesten Kampf focht er jedoch im Betrieb. Melitta – unter den Nazis mehrfach als »Nationalsozialistischer Musterbetrieb« ausgezeichnet – stand unter dem Regime von Firmenchef Horst Bentz, einst Mitglied der SS und nach dem Zweiten Weltkrieg als sogenannter Mitläufer entlastet.

1959, Werner war 14 Jahre, begann er seine Ausbildung als Drucker bei Melitta in Minden. Die Belegschaft – damals etwa 4.400 Beschäftigte – hatte wenig Rechte, wurde schlecht bezahlt und bespitzelt. Wer krank war, bekam ein Minus eingetragen. Jeder Beschäftigte musste eine Pflichtspende in Höhe eines Stundenlohns für das »Melitta-Bad« abdrücken, mit dem sich Bentz in Minden schmückte. Wer Sympathien für die Gewerkschaft zeigte, wurde rausgeekelt.

Er hat sie verdient: Werner Weber ausgezeichnet mit der Leonhard-Mahlein-Medaille. 

Vom Elternhaus eher links geprägt, wusste Werner: »Hier muss sich was ändern.« 1969 trat er in die Gewerkschaft ein und sollte prompt entlassen werden. Doch die IG Druck+Papier hatte sich um alternative Arbeitsplätze gekümmert, falls der Rausschmiss drohte. Und so konnten die Gewerkschafter offensiv auftreten, ohne Angst haben zu müssen, arbeitslos zu werden. Schließlich sind sie zu viert, Weber und noch drei Gewerkschafter, die bei der Betriebsratswahl 1972 die meisten Stimmen bekamen. Der Rest des Gremiums: 23 Unorganisierte und Verwandte des Chefs. Schon drei Jahre später holte die Liste der IG Druck und Papier 14 der 27 Mandate, Werner wurde zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt. Das blieb er auch, bis er sich 2006 in die passive Altersteilzeitphase verabschiedete. In dieser Werner-Zeit wuchs der gewerkschaftliche Organisationsgrad von 0,1 auf mehr als 80 Prozent.

Werner ist am 10. Februar kurz vor seinem 77. Geburtstag gestorben. So einer wie Werner fehlt immer.