Strichätzung

Corona-Ente

Geburtstag im Social Distancing. Mir ist nicht nach Feiern. Wegen der Seuche darf ich nicht arbeiten und verdiene kein Geld. Vor allem weiß keine Sau, wie lange das so bleibt. Via Telegram ploppen erste Videogrüße von Freunden auf. Einer singt »In Quarantäne« auf die Melodie von »Macarena«, der zweite auf »Guantanamera«, die dritte frei nach »Bella Ciao«: »Quarantäne, Quarantäne, Quarantäne, Quarantäne.« Ich schreibe, das sei nicht lustig! Die Antwort: »Du bist doch Komiker. Warum lachst du nicht?« – »Weil die Situation scheiße ist.« Ich schenke meinem Arzt zum Geburtstag auch nicht Aspirin.

Meine Frau hat mir ein Geburtstagsmahl gekocht: Corona-Ente süß-sauer à la Wuhan. Haha. »Aber du bist doch Komiker.« Ich fange an zu weinen. Sie nimmt mich in den Arm. Es klingelt. Freund Stapper schickt ein Paket: Ein Klopapierbaum. Hoho. Hätte Angela Merkel in ihrer Rede an die Nation neulich gesagt: »Ihre 3-Blatt-Lagen sind sicher!«, stünde der DAX längst wieder bei 13.000. Das Telefon klingelt. Freund Engelberth: »Gestern Annonce gelesen: ›Guter Stecher gesucht.‹ Ich sofort angerufen. Morgen muss ich zur Spargelernte. Wieso lachst du nicht? Du bist doch Komiker.« 
Nachmittags auf dem Balkon: Gegenüber sitzt seit Wochen ein Lehrer, prostet uns zu. Er bekommt sein volles Gehalt und ich bekomme nichts. Aber beim 
Unterrichten meines Kindes zu Hause mache ich seinen Job. Wo ist der Fehler? Es klingelt. Noch ein Päckchen, diesmal von Freund Schober: eine Packung 
Spaghetti, dazu die Anleitung: »Die Setzlinge in die Erde stecken und gießen. Schon in zwei Monaten kann eine ganze Portion Pasta geerntet werden.« Ja, ich bin Komiker. Und vermisse mein Publikum! Abends besorge ich noch was beim Rewe. Als ich gegen 21 Uhr mit dem Fahrrad zurückfahre, öffnen sich überall Fenster und die Menschen klatschen mir Applaus, im ganzen Viertel! Ich winke ihnen dankbar zu. Doch noch ein Happy Birthday!

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