Editorial

Unternehmer machen sich Sorgen. Diesmal über die Tarifbindung. Nur 56 Prozent der Beschäftigten im Westen und 45 Prozent im Osten arbeiten mit Tarif. Der Grund ist bekannt: Unternehmer haben sich aus der Tarifbindung gestohlen. Jetzt auf einmal machen sie sich Gedanken. Damit Tarifverträge wieder attraktiv würden, sollten sie einfacher und flexibler werden, sagen die Unternehmer. Dafür schlagen sie eine Art Puzzle vor: Wenn ein Tarifvertrag aus maximal 25 Teilen besteht, wäre ein Betrieb tarifgebunden, der mehr als 5 oder 6 Puzzleteile anwendet.

Das ergibt zwar kein vollständiges Bild: Aber ein bisschen Hinterbliebenengeld, ein wenig Gesundheitsschutz, vielleicht noch ein Nachtzuschlag müssten für die Tarifbindung doch reichen? Schließlich sei es besser, wenn wenigstens Teile eines Tarifvertrags angewendet würden als keiner (mehr dazu hier).

Ironisch gefragt: Was der Unternehmer für sich will, wird er doch den Beschäftigten nicht vorenthalten wollen? 100 Prozent Arbeitsleistung? Nicht doch. Die Hälfte tut’s auch. Ein bisschen später zur Arbeit kommen und früher gehen und nachts alles gemächlicher angehen. Das hilft, gesund zu bleiben. Und eine gesunde Belegschaft ist gut für den Betrieb. Ist es nicht besser, ein bisschen Arbeitsleistung zu bringen als gar keine? Na also.

Am Aschermittwoch ist damit hoffentlich Schluss. Ein bisschen Tarifvertrag gibt es nicht. Sondern nur ganz.

Übrigens: Die nächste DRUCK+PAPIER, die der ver.di publik Ausgabe 3 beiliegt, wird bei der tarifgebundenen Druckerei Schaffrath in Geldern produziert worden sein. Durch die Insolvenz der apm-Druckerei in Darmstadt im Jahr 2018 musste ver.di auf tariflose Druckereien ausweichen. Das hat nun ein Ende.