Zeitungsverlage

Kopfnoten für Drucker

Augsburger Allgemeine bewertet soziales Verhalten, Leistung und Loyalität

In Schulzeugnissen gibt es Zensuren für Mathe, Deutsch und Englisch. Und es gibt sogenannte Kopfnoten – etwa für Mitarbeit und Verhalten. Je nach Bundesland beurteilen Lehrer*innen Fleiß und Betragen oder Konfliktfähigkeit und Toleranz. Die Gewerkschaft GEW bezeichnete Kopfnoten einmal als »pädagogischen Unfug«. Kopfnoten sind umstritten – weil sie ungerecht sind, weil die Beurteilungskriterien unklar sind und weil damit rebellische Schüler*innen diszipliniert und liebedienerische belohnt werden. Nordrhein-Westfalen hat die Kopfnoten abgeschafft.

Eingeführt werden sie nun im Druckzentrum der Augsburger Allgemeinen. Beschäftigte sollen bewertet werden nach Qualifikation, Arbeitsleistung, sozialem Verhalten, Flexibilität/Loyalität und betriebswirtschaftlichem Denken. Für jedes Kriterium werden von null bis vier Punkte vergeben. Maschinenführer, Schichtleiter und Abteilungsleiter bewerten Drucker. Schichtleiter und Abteilungsleiter beurteilen wiederum Maschinenführer.

Die Idee stammt von der Unternehmensleitung. Allerdings möchte Verlagsleiter Andreas Schmutterer über dieses »betriebs
interne Thema« in der Öffentlichkeit nicht sprechen.

Betroffen sind 44 Beschäftigte. Sie wissen noch nicht, was genau hinter den Kriterien steckt. Erhält ein Drucker, der aus seinem freien Tag bereitwillig in den Betrieb springt, volle Punktzahl bei Flexibilität und Loyalität? Wie das Ergebnis im Einzelnen zustande kam, wird den Beschäftigten erst auf Einspruch bekannt gegeben. Sicher ist nur eins: Je nach Punktezahl verteilt das Unternehmen Prämien. Wie viel Geld im Topf ist, darüber will niemand sprechen.

Der Betriebsrat beurteilt die Prämienregelung skeptisch, stimmt aber einem halbjährigen Probelauf zu. Lieber hätte er jedoch einen Großteil des Geldes an alle gleichermaßen verteilt gesehen. Kritik gibt es von Beschäftigten, die eine Spaltung der Belegschaft befürchten. Rudi Kleiber von 
ver.di Augsburg lehnt die Regelung ab: 
»Sie ist undurchsichtig und willkürlich. Statt 
Nasenprämien zu verteilen, sollte der Verlag in die Tarifbindung zurückkehren.«