Kunst

Lebendiger als gedacht

Traditionelle Drucktechniken als Kulturerbe anerkannt | Erster Jahrestag 
wird als Tag der Druckkunst gefeiert

Was haben traditionelle Drucktechniken mit Spitzenklöppeln, Flößerei oder Reetdach
decken gemein? Zumindest das: Alle zählen zu den etwa 90 Kulturtechniken, die bisher ins deutsche Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurden.

Handwerkliche Drucktechniken haben sich über Jahrhunderte entwickelt und perfektioniert. Seit 1500 waren der Kupfertiefdruck und der Hochdruck, speziell mit Gutenbergschen beweglichen Lettern, ab 1800 auch der Stein- und Lichtdruck als Flachdruckverfahren wesentlich für die Herstellung von Text- und Bildmedien. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts begannen Maschinen manuelle Techniken abzulösen. Zylinderdruckpressen und Rotationsmaschinen eroberten die Druckbranche. In den 1960er- Jahren kamen Offsetdruck und Fotosatz, 20 Jahre später revolutionierten Desktop-Publishing und Digitaldruck die Branche erneut.

Das Metier von Künstler*innen

Heute sind traditionelle Drucktechniken vorrangig das Metier von bildenden Künstlerinnen und Künstlern und dort recht verbreitet: Rund ein Drittel aller 60.000 Bildhauer und Malerinnen hierzulande arbeitet auch druckgrafisch, wie eine Umfrage ergab. Das Wissen und die Fertigkeiten werden – oft in Kooperation mit Museen, Druckwerkstätten oder Bildungseinrichtungen – bewusst weitergegeben.

Aus der Vogelperspektive: wie Siebdrucke hergestellt werden – vom Künstlerkollektiv Leipzig

Während des Künstlerworkshops »Let’s print« im Leipziger Druckkunst-Museum 2018 
wurde eine Lithografie gedruckt.
Foto: Kai Hofmann

Damit das gezielter geschieht und 
größere öffentliche Beachtung erfährt, 
haben das Leipziger Museum für Druckkunst und der Bundesverband Bildender Künstler darum geworben, dass die künstlerischen Drucktechniken in das bundesweite Verzeichnis immateriellen Kulturerbes aufgenommen werden. Das hat die Deutsche UNESCO-Kommission im vergangenen März auch so beschlossen. Und seitdem stehen die »künstlerischen Drucktechniken des Hochdrucks, Tiefdrucks, Flachdrucks, Durchdrucks und deren Mischformen« zwischen »Köhlerhandwerk« und »Lindenkirchweih 
Limmersdorf«. Für Direktorin Susanne 
Richter im Druckkunst-Museum Leipzig ist klar, »dass eine Welt ohne analoge Drucksachen nicht erstrebenswert ist«. Das Kulturerbe Drucktechnik sei lebendiger als gedacht. Künstler, Druckwerkstätten, Schulen, Hochschulen sowie Museen bildeten dafür eine sich vernetzende, wachsende Lobby.

Im Druckkunst-Museum in Leipzig ist 
für August erneut ein Künstlerworkshop zum Kulturerbe Drucktechnik geplant. Seit 8. Februar werden dort druckgrafische 
Arbeiten des Malers und Bildhauers Markus Lüpertz gezeigt. Und der 15. März 2019, 
der erste Jahrestag der Kulturerbe-Anerkennung, wird erstmals als Tag der Druckkunst begangen. Dazu werden Aktionen in ganz Deutschland vorbereitet.