Editorial

Die Fußball-Weltmeisterschaft ist vorbei und die deutsche Nationalelf als Gruppenletzte in der Vorrunde ausgeschieden. Letzte, ausgeschieden – wir Deutsche. Obwohl doch der britische Fußballspieler Gary Lineker einst sagte: »22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach und am Ende gewinnen die Deutschen.« Taten sie aber nicht. Und so wurden die Fahnen schamhaft eingerollt, die Überzieher von den Seitenspiegeln gestreift und den Kindern das Schwarz-Rot-Gold von der Stirn gewischt.

Wurde auch Zeit. Fahnen sind ja nicht harmlos. Die Fußballfans und alle, die es mal so richtig auf der Partymeile krachen lassen wollen, schwenken ja keinen beliebigen Stofffetzen, sondern einen in den Nationalfarben. Also hat es sehr wohl etwas zu bedeuten: Schwarz-Rot-Gold steht für Deutschland. Also wir. Gegen die. Gegen die Anderen. Zum Nationalismus ist es dann nur ein kleiner Schritt. Nationalisten sehen das eigene Land als überlegen an. Und stimmen Aussagen zu wie: »Im Allgemeinen kann man sagen, dass es anderen Nationen besser geht, je mehr sie von Deutschland beeinflusst werden« oder »Deutschland ist das beste Land der Welt«. Nationalfahnen sind Bekenntnisse. Wer 
dazugehören darf. Oder wem das Dazugehörendürfen entzogen wird. Sieht man bei dem gebürtigen Gelsenkirchener Mesut Özil. Der wird schnell zum Anderen gemacht. Weil sein Großvater an der türkischen Schwarzmeerküste geboren ist. Und nicht Reichsminister unter Hitler war wie der Großvater von Beatrix von Storch, der Vize-AfD-Rechtsaußen.

Also: Fahnenschwenken ist out, Flaggezeigen mehr als angesagt. Denn während die Nation überbezahlten, kurzbehosten Männern hinterherweint, hat der Arbeitgeberverband gekündigt, wofür jahrzehntelang gekämpft worden ist. Also: Mögen sie kündigen, am Ende gewinnen die Beschäftigten!

Michaela Böhm