Aus den Betrieben

Streik für Tarifbindung

Jungfer-Druckerei: Viele Beschäftigte sind bei ver.di eingetreten | Ausstand stimmt Geschäftsleitung um | Erste Schritte zur Anerkennung der Tarif­verträge

97 Prozent Zustimmung! Die ver.di-Mitglieder bei Jungfer-Druck in Herzberg im Harz haben ihrer Tarifkommission grünes Licht gegeben, um die Tarifbindung wiederherzustellen.

Die Vorgeschichte: Elf Minusgrade zeigte das Thermometer an ihrem Streiktag. Doch unbeeindruckt von der Kälte gingen die 
Kolleginnen und Kollegen der Nachtschicht vors Tor. Ihr Ziel: Für Druckerei und Verlag die Tarifbindung zu erzwingen, nachdem 
die Geschäftsleitung vor 15 Jahren im 
Arbeitgeberverband in die OT-Mitgliedschaft gewechselt war, also eine Mitgliedschaft ohne Anerkennung von Tarifverträgen. 
»Uns ist es sehr ernst mit unserem Ziel«, berichtet Heidi Schmidt, jüngst wiedergewählte Betriebsratsvorsitzende. Deshalb lehnten die Streikenden ab, als die rasch herbeigerufene Geschäftsleitung anbot, aus der Kälte doch ins warme Atrium des Betriebes zu kommen – offenkundig mit dem Hintergedanken, so wenigstens einige Streikende auf ihre Seite ziehen zu können. Vergebens – der Betrieb stand still.

Die ver.di-Mitglieder geben ihrer Tarifkommission grünes Licht zum Weitermachen.

Versuchte Kündigungen

Bot die Geschäftsleitung während des Streiks noch was Warmes, so geht es sonst eher unterkühlt zu. Zur Jahreswende 2016/17 erhielt die Betriebsratsvorsitzende Heidi Schmidt während ihres Urlaubs gleich zwei Kündigungen. Doch das Arbeitsgericht Braunschweig wies die Kündigungsversuche eindeutig zurück. Und die Geschäftsleitung verzichtete auf den Gang zum Landes­arbeitsgericht.

Die ver.di-Mitglieder diskutieren über die Verhand
lungsergebnisse. 

Aber die versuchten Kündigungen waren 
ein Signal für die Belegschaft. Der vorher nur diffus vorhandene Unmut führte schnell zur Gründung einer ver.di-Betriebsgruppe. Deren erstes Ziel: die Rückkehr zu den 
Flächentarifverträgen der Druckindustrie. 
Für dieses Ziel trommelten die Kolleginnen und Kollegen kräftig und konnten die Mitgliederbasis schließlich fast verdreifachen. Zwischendurch informierte die Gruppe 
regelmäßig über die Fortschritte der Orga
nisierung – und bald hieß es auch: streik
fähig! Hielt die Druckerei ver.di anfangs noch hin, zeigte sie sich nach dem Streik kompromissbereit.

Ergebnis: Grundsätzlich will Jungfer-
Druck die Tarifverträge wieder anerkennen. Als Erstes werden alle 380 Beschäftigten in drei Schritten ihre Arbeitszeit auf 37,5 Wochenstunden verringern – und das bei vollem Lohnausgleich. Über diese Zwischen
ergebnisse haben im April alle ver.di-Mitglieder abgestimmt. Jetzt kann es in weiteren Verhandlungen mit Unterstützung der Belegschaft vorangehen bis zur Anerkennung aller wichtigen Tarifverträge.