Menschen & Meinungen

Wer nimmt uns denn die Arbeitsplätze weg?

Made in Germany – das hatte einst weltweit einen guten Klang. Doch 2018? Berlin ist die Stadt, wo die Airline schon pleite ist, bevor der Flughafen überhaupt fertig wird. In Stuttgart finden seit Jahren Ausgrabungsarbeiten statt in der Hoffnung, einen unterirdischen Bahnhof zu finden. In Köln – wo mit dem Dom (600 Jahre Bauzeit!) die Mutter aller Großbausünden steht – beginnt erst neun Jahre nach dem Einsturz des Stadtarchivs der erste Prozess gegen die Verantwortlichen.

Der damalige Oberbürgermeister von Köln sagte – übrigens einen Tag nach dem Unglück – in die Mikrofone der Weltpresse: »Man muss sich ja fragen, ob eine U-Bahn in einem dicht besiedelten Gebiet überhaupt Sinn macht.« Da fragte ich mich wiederum zum ersten Mal in meinem Leben als Kölner, ob ein Umzug nach Düsseldorf nicht doch die bessere Alternative wäre.

Hätte ich es getan, bräuchte ich heute nicht dauernd im Stau vor den diversen maroden, einsturz(!)gefährdeten Rheinbrücken stehen. Die deutsche Autoindustrie erwirtschaftet seit Jahren Rekordgewinne. Doch anstatt das Geld in saubere Zukunftsmodelle zu investieren, gibt sie es aus, um Abgastests zu manipulieren. Die heimische Auto
industrie betrügt also nicht nur ihre Kunden, sondern vergiftet auch noch die eigene Bevölkerung – und Alexander Dobrindt, der geistig fast so tief fliegt wie Alexander Gauland, schützte trotz geleistetem Amtseid jahrelang die Konzerne vor Schadensersatzklagen durch die Kunden.

Siemens-Chef Joe Kaeser kündigt die Schließung mehrerer Werke an, Thyssenkrupp will mit Tata fusionieren – aber der vermeintlich abgehängte AfD-Wähler denkt immer noch, der Syrer nehme ihm die Arbeitsplätze weg. Karl Marx, der dieses Jahr seinen 200. Geburtstag feiern würde, schrieb einst: »Die Bourgeoisie hat die persönliche Würde in den Tauschwert aufgelöst.« Im Artikel 1 des Grundgesetzes steht zwar: »Die Würde des Menschen ist unantastbar.« Aber nun, Würde – das ist eben ein Konjunktiv.

www.robertgriess.de