Hintergrund

Societäts-Druckerei verkauft

Ippen-Gruppe will auch Frankfurter Tageszeitungen übernehmen – Bundeskartellamt prüft

Die Mehrheitseigentümerin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ), die Fazit-Stiftung, verkauft die Frankfurter Rundschau und die Frankfurter Neue Presse an die Zeitungsholding Hessen. Die FAZ-Gruppe wolle sich künftig »auf eine klare nationale Strategie« konzentrieren, teilte die Stiftung Anfang Februar mit. Zum Paket gehört unter anderen auch die im Jahr 1860 gegründete Frankfurter Societäts-Druckerei. Der Verkauf könnte noch am Bundeskartellamt scheitern.

Unmittelbar betroffen sind laut ver.di mindestens 800 Beschäftigte. Über 300 
tarifgebundene Beschäftigte arbeiten allein in der Druckerei, außerdem 150 Menschen mit schlecht bezahlten Werkverträgen. Manfred Moos, Leiter des ver.di-Fachbereichs Medien in Hessen, fordert von den künftigen Eigentümern »klare Zusagen« für den Erhalt der Arbeitsplätze in Druckerei und Redaktionen. Die Frankfurter Rundschau und die Frankfurter Neue Presse müssten selbst
ständige Zeitungen bleiben.

Von Vielfalt keine Spur – den hessischen Zeitungsmarkt teilen sich die beiden Verlage Ippen und VRM fast unter sich auf. In Nord- und Südhessen haben sie eine Monopolstellung; wer dort eine regionale Zeitung kauft, kommt an Ippen oder VRM nicht vorbei.

Zeitungen**: 1 Waldeckische-Landeszeitung, 
2 Hessische/Niedersächsische Allgemeine, 
3 Werra-Rundschau, 4 Oberhessische Presse (Hitzeroth Druck+Medien), 5 Hersfelder Zeitung, 6 Wetzlarer Neue Zeitung (Wetzlar Druck), 7 Gießener Anzeiger, 8 Gießener Allgemeine Zeitung (MDV Mediengruppe Rempel), 9 Fuldaer Zeitung (Parzeller Druck- und Mediendienstleistungen), 10 Wetterauer 
Zeitung (MDV Mediengruppe Rempel), 
11 Kreis-Anzeiger, 12 Wiesbadener Kurier, 
13 Wiesbadener Tagblatt, 14 Frankfurter Rundschau, 15 Frankfurter Neue Presse, 
16* Tarifbindung unbekannt: Frankfurter Allgemeine Zeitung (Fazit-Stiftung), 17 Offenbach Post, 18 Hanauer Anzeiger (Verlag Hanauer Anzeiger), 19 Gelnhäuser Neue Zeitung (Madsack), 20 Darmstädter Echo, 21 Bergsträßer Anzeiger (Mannheimer Morgen) 22 Bürstädter Zeitung, 23 Lampertheimer Zeitung,

Druckereien: A Zeitungsdruck Dierichs, 
B Hitzeroth Druck+Medien, C Wetzlar Druck, 
D Mittelhessische Druck- und Verlagsgesellschaft (MDV Mediengruppe Rempel), E Parzeller Druck- und Mediendienstleistungen, 
F Pressehaus Bintz-Verlag, G Druck- und Pressehaus Naumann, H Druckzentrum Rüsselsheim, I Dogan-Konzern, J Societäts-Druckerei
** Zeitungen mit einer Auflage von über 10.000

Gesellschafter der ZHH Zeitungsholding Hessen in Kassel sind die MDV-Mediengruppe der Gießener Verlegerfamilie Rempel (20 Prozent) und die Gruppe des Münchner Verlegers Dirk Ippen (80 Prozent). Ippen äußerte sich nicht zu seinen Absichten. Seine Gruppe – bundesweit die Nummer sechs – weitet besonders in Hessen ihren Einfluss aus. Ippen gehören unter anderem die Offenbach Post, die Hessische/Niedersächsische Allgemeine in Kassel und die Gießener Allgemeine sowie Anzeigenblätter und mehrere Druckereien.

Den hessischen Zeitungsmarkt teilt sich Ippen weitgehend mit der Mediengruppe VRM in Mainz. Konzernunabhängige regionale Verlagshäuser gibt es kaum noch. Beobachter befürchten zudem eine weitere Verödung der bundesdeutschen Presselandschaft: Ippen könnte die Frankfurter Rundschau endgültig zur Regionalzeitung umbauen.

Auch der Verkauf der Druckerei wird kritisiert. »Der Betriebsrat wurde vor vollendete Tatsachen gestellt und nicht informiert«, sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Nektarios Androulidakis. »Vor allem fürchten wir um Arbeitsplätze und die Tarifbindung.« Die Ippen-Gruppe ist bekannt dafür, die Tarifbindung zu kappen und Arbeitszeitverlängerungen ohne Lohnausgleich durchzusetzen.

Auch wirtschaftlich gerät die Druckerei unter Druck. Seit vielen Jahren gebe es bundesweit »zu hohe Druckkontingente«, sagt der Medienwissenschaftler Horst Röper vom Formatt-Institut in Dortmund. Die Zahl der Aufträge, Auslastung und Preise sind im Keller. »Ob die Societäts-Druckerei mittelfristig erhalten bleibt, ist eine offene Frage.« Auch für die Ippen-Druckereien sei die Fusion eine »schlechte Nachricht«. Röper hält eine Untersagung durch das Bundeskartellamt aus Wettbewerbsgründen für angebracht. Bis zu vier Monate Zeit hat die Bonner Behörde für ihre Entscheidung. Möglich ist aber auch eine Entscheidung schon zum 1. April.