Editorial

Die Bundestagswahl ist vorüber. Ihr folgten 
Empörung, Verbitterung und Aufregung. Denn 
12,6 Prozent der Wähler/innen haben rechts-
extremen, völkischen, rassistischen und menschenfeindlichen Abgeordneten zu einem Platz im 
Bundestag verholfen. Bald mogelte sich Erleichterung in die Empörung. Immerhin hätten 87,4 Prozent nicht die AfD gewählt. Unsere Demokratie hält doch tapfer dagegen! Mitnichten. Auch unter den 87,4 Prozent sind knallrechte Anhänger eines neuen Führers, Freunde der Diktatur und Ausländerheimschicker.

Ich solle mal die Kirche im Dorf lassen, so schlimm sei es nun auch nicht? Irrtum. Ob die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung1 von 2010 oder die Langzeituntersuchungen des Bielefelder Gewalt-
forschers Wilhelm Heitmeyer2 – die Resultate ähneln sich: Gut jede/r vierte Deutsche befürwortet eine »starke Partei«, die »die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert«. Mehr als jede/r Zehnte wünscht sich einen »Führer, der Deutschland zum Wohle aller mit harter Hand regiert«. Jede/r Zehnte hält die Diktatur für die bessere Staatsform.

Michaela Böhm

Tun wir jetzt nicht überrascht. Es sind keine »besorgten Bürger«, sondern schlicht Rechte, die in einer rechten Partei ihre rechte Heimat gefunden haben. Ich höre schon die ersten Gegenreden: Aber es sind doch nicht alle Nazis, die AfD gewählt haben! Nee, nee, schon richtig. Es haben auch Menschen AfD gewählt, weil die CDU nach links rückt, Politiker im Elfenbeinturm sitzen und in Dorfchemnitz bei kaltem Wetter die Sporthalle nicht genutzt werden kann. Sie alle haben den Gauland-Höcke-Weidel-
Storchs zu viel Geld und Geltung verholfen. 
Mit ihnen ist die Republik bereits nach rechts gerückt. Gewerkschafter/innen werden viel Hirn, Kraft und Widerstand brauchen, um die Demo
kratie zu verteidigen.

1 http://library.fes.de/pdf-files/do/07504-20120321.pdf
2 http://www.suhrkamp.de/buecher/deutsche_zustaende-_12647.html