Hintergrund

Argumente gegen 
rechte Parolen

In der Teeküche steht ein Grüppchen. Weil alle Türen offen 
sind, versteht man auch in den Büros jedes Wort.

»Na, was soll ich sagen. Ich finde es gut, dass die Merkel mal eins draufgekriegt hat. Ich bin nicht rechts oder so, aber der Flüchtlingsstrom war voll krass. Und letztlich versteh’ ich sogar die Leute, die AfD gewählt haben. Ich mein’, wir arbeiten und die kriegen alles, was sie wollen.«

Eine weibliche Stimme pflichtet dem Kollegen bei.

»Seh’ ich auch so. Wenn das so weitergeht, ist man ja fremd 
 im eigenen Land.«

Der Kollege aus dem Büro gegenüber überlegt, ob er aufstehen und was sagen soll. Er ist ja eigentlich gar nicht angesprochen und die Kollegen könnten es als Einmischung verstehen. Er gibt sich einen Ruck und geht in die Teeküche.

»Stopp. Da muss ich dazwischengehen. Das sehe ich völlig anders.«

Er spricht extra laut, damit jetzt auch jedes Büro mithört.

»Wie ihr über Menschen redet, die Schutz brauchen. 
Als seien die eine Naturkatastrophe und wir die Opfer.«

Später werden ihm noch mehr Argumente einfallen. Dass er den Vergleich von Geflüchteten mit einem Strom, also Wassermassen, für gefährlich hält. Als seien das keine Menschen mehr. Oder der Satz, man sei fremd im eigenen Land. Der Begriff Überfremdung stammt aus dem Nationalsozialismus. Er bedeutete ein »zu starkes Eindringen von Nichtdeutschem oder Artfremdem in das deutsche Volk«.

Er hat extra noch mal nachgeschlagen, ob das stimmt, dass »die kriegen, was sie wollen«. Und das hat er gefunden: Asylsuchende erhalten in den ersten 15 Monaten in einer Sammel
unterkunft weniger als Hartz-IV-Bezieher, also weniger als das Existenzminimum. Und dann oft kein Geld, sondern größtenteils Sachleistungen. Das wird er das nächste Mal ergänzen.

Zum Lesen

Das »Wörterbuch des besorgten Bürgers« wurde erweitert um Begriffe wie Abschiebeverhinderungsindustrie, Heimat, Leitkultur, Obergrenze, Staatsversagen und Widerstand. Damit kritisiert das Buch in mehr als 150 Einträgen den sprachlichen Irrsinn, der weite Teile der politischen Öffentlichkeit erfasst hat und der beharrlich mit stilisierten Ängsten spielt. Konsequent aus einer falschen Opferperspektive werden Tabubrüche inszeniert, um noch so derbe Zumutungen 
als verkannte Wahrheit zu deklarieren, schreibt der Verlag.

Herausgegeben von Feustel, Robert; Grochol, Nancy; Prüwer, Tobias: Wörterbuch des besorgten Bürgers. Ventil Verlag, 14 Euro. Erscheint im Oktober 2017.