Arbeit

»Wir dachten, wir hätten Ruhe«

Funke Mediengruppe gliedert in tariflose Firmen aus | In zehn Jahren 1.000 Arbeitsplätze abgebaut | Wie Funke mit Beschäftigten umspringt

Aufatmen. Noch einmal davongekommen. Mitte Mai unterzeichneten ver.di und die Funke Mediengruppe ihr Verhandlungsergebnis fürs Druckzen
trum Essen. Das Wichtigste: 160 Arbeitsplätze sind 
sicher. Maximal 22 Beschäftigte werden entlassen. Die Funke Mediengruppe ist mit ihrem Plan, 70 Arbeitsplätze zu vernichten, gescheitert. »Wenn man bedenkt, was Funke ursprünglich wollte, ist das ein gutes Ergebnis«, sagt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Klaus Blömeke. Dennoch: Die Kündigungen sind bitter. So war es schon einmal. Keine zwei Jahre ist es her, dass Funke in Essen 90 der damals 250 Arbeitsplätze streichen wollte. Mit kürzeren Arbeitszeiten und Altersteilzeit war es gelungen, 40 Arbeitsplätze zu retten, 50 fielen weg. »Damals dachten wir, wir hätten Ruhe.«

Stilllegen. Entlassen. Abbauen

Ein Satz, der häufig in Gesprächen mit Betriebsräten zu Funke fällt. Seit Jahren produziert die Mediengruppe die immer gleichen Nachrichten: Lokalredaktionen werden zusammengelegt oder geschlossen, Abteilungen ausgelagert, Anzeigen- und Medienberater/innen auf die Straße gesetzt, Kahlschlag bei der Bergedorfer Zeitung, Kündigungen im Druckzentrum Hagen, Schließung der Druckerei im thüringischen Löbichau. Stilllegen, entlassen, abbauen. Jedes Mal schrumpft die Zahl der Stellen. In zehn Jahren seien rund 1.000 Arbeitsplätze abgebaut worden, sagt eine ehemalige Betriebsrätin.

Seit das Programm mit dem Titel »Harmonisierung« läuft, wird der Abbau beschleunigt. Hier werden Staplerfahrer ausgegliedert, dort Personaler, da Computerfachleute. Alle landen in irgendeiner GmbH. Und die ist tariflos.

An der kurzen Leine

Wer seine Beschäftigten schlechter als im Tarif bezahlt und länger arbeiten lässt, steigert den Gewinn. Eine andere Strategie, sagen ver.di-Sachverständige, ist kaum erkennbar. Außer Kosten senken und zentralisieren. »Funke ist ein zentral geführter Konzern, der seine Töchter an der kurzen Leine führt«, sagt Jörg Brokmann, Betriebsratsvorsitzender der Braunschweiger Zeitung.

Zeitung ohne Redaktion

Auch andere Verlage gliedern aus und zentralisieren. Doch bei Funke wird mit den Beschäftigten besonders rüde umgegangen. Nie zuvor hat ein Verlag eine gesamte Redaktion vor die Tür gesetzt und nur den Zeitungstitel behalten – die Westfälische Rundschau ist eine Zeitung ohne Redaktion. Wie es den Zeitungszusteller/innen in Hagen erging, und einiges mehr zur Funke Mediengruppe, steht in dem Artikel „Rüder Umgang bei Funke“ und im Interview mit Horst Röper „Wenn Kaufleute das Sagen haben“.