Arbeit

Es ist 1 Uhr 15, bei Charlotte Hoffmann klingelt der Wecker. Fünf Mal die Woche muss 
die 71-Jährige mitten in der Nacht aufstehen. Denn sie arbeitet als Zeitungszustellerin.
 »Um in Bewegung zu bleiben«, wie sie in einem Beitrag für ver.di-TV sagt (verdi.de/verditv). Aber auch, weil sie sich von ihrer Rente sonst nicht viel leisten könnte.

Den Enkeln eine Kleinigkeit kaufen, mal essen gehen oder ins Kino – das wäre allein mit ihren Altersbezügen nicht drin. Deshalb bessert Charlotte Hoffmann ihr Einkommen auf, indem sie nachts Zeitungen austrägt. »Ein Knochenjob«, betont die aktive Gewerkschafterin.

So wie ihr geht es vielen. Fast eine Million Menschen, die eigentlich ihren wohlverdienten Ruhestand genießen sollten, haben laut Bundes-
regierung einen Minijob. Selbst rund 176.000 der über 75-Jährigen müssen noch arbeiten gehen – mehr als doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Das belegt: Schon jetzt reicht die Rente vielfach nicht, um ein anständiges Leben zu führen.

Das ist kein Zufall, sondern Folge politischer Entscheidungen. Dogma diverser »Rentenreformen« war es, die Beiträge niedrig zu halten. Deshalb wird das Rentenniveau nach und nach abgesenkt.

In Würde alt werden

Um später dennoch über die Runden zu kommen, sollen die Beschäftigten privat fürs Alter vorsorgen. Darüber freuen sich zum einen die Unternehmer, die Sozialbeiträge sparen. Zum anderen profitieren private Versicherungskonzerne. Doch aus Sicht der Rentner/innen und Beschäftigten ist die staatlich subventionierte »Riester-Rente« ein Flop. Die Zahl der Riester-Verträge stagniert bei rund 16 Millionen und ging zuletzt sogar zurück. Vor allem Geringverdiener können sie sich schlicht nicht leisten.

ver.di und der Deutsche Gewerkschaftsbund machen gegen den Sinkflug der gesetzlichen Rente mobil. Gewerkschafter argumentieren im Betrieb, auf der Straße und am Stammtisch für eine Stabilisierung und Anhebung des Rentenniveaus. So wie Charlotte Hoffmann, die 
sich bei den ver.di-Senior/innen engagiert. »Ich finde, man sollte in Würde alt werden dürfen«, sagt sie. Jetzt 
müsse sich etwas ändern. »Vor allem für unsere Kinder und Enkelkinder.«